Nicht-DAV-Mitglied: „Die Abda muss sich bei uns entschuldigen“ Carolin Ciulli, 28.07.2021 10:49 Uhr
In der Debatte um die Sicherheitspanne bei der Ausstellung der digitalen Impfzertifikate wird über eine vorzeitige Freischaltung der Mitglieder des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) diskutiert. Thomas Mayerlen aus Dresden stieg 2004 aus dem DAV aus und ärgert sich darüber, dass der „schwarze Peter“ auf die Gastzugänge geschoben wird. „Das ist absoluter Quatsch. Wenn der Zugang nicht sicher ist, ist er es für Mitglieder genauso wenig wie für Nicht-Mitglieder.“
Mayerlen ist seit 1993 selbstständiger Apotheker. Damals sei es selbstverständlich gewesen, auch im DAV organisiert zu sein. 2004 stieg er aus jedoch aus. Grund sei die Einführung des Festzuschlags in Höhe von 8,10 Euro gewesen. Damals sei von den Krankenkassen eine Erhöhung auf 8,35 Euro in Aussicht gestellt worden, wenn die Zahl der Rx-Arzneimittel geringer werde. „Der DAV hat aber die 330 Millionen Euro verschenkt, die uns zugestanden hätten“, ärgert sich Mayerlen. Der Verband habe nichts unternommen, um ihn als Mitglied zurückzugewinnen. „Ich spüre keine Nachteile, die Krankenkassen interessiert nicht, ob ich Mitglied bin.“ Bei Hilfsmitteln schließe er separate Vereinbarungen ab.
Dass der DAV bei den digitalen Impfzertifikaten im Sinne seiner Mitglieder denke, sei nicht verwerflich, so Mayerlen. Er kritisiert jedoch das Verhalten der Abda: „Man muss zwischen den beiden Organisationen unterscheiden. Es ist eine Schweinerei, dass die Abda zugelassen hat, dass zu Beginn nur ein Teil der Apotheken einen Zugang erhalten hat.“ Die Abda habe gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Eindruck erweckt, dass sie alle Apotheken vertrete.
Auf Druck des BMG wurden im DAV-Portal letztlich auch Zugänge für Nicht-Mitglieder geschaffen. Die Abda habe 10 Prozent der Apotheken ausgeschlossen, kritisiert Mayerlen. „Das ist ein Skandal.“ Dass jetzt noch so getan werde, als liege die Sicherheitslücke an den Gastzugängen, sei „völlig unmöglich“. „Auch Nicht-Mitglieder haben Zugangsdaten geschickt bekommen. Wenn das durch den DAV nicht geprüft wird, hat es doch nichts mit uns zu tun. Die Abda muss sich bei uns entschuldigen.“ Die Zugänge an sich könnten nicht verschieden sein, da es innerhalb von wenigen Tagen möglich war, sich als Nicht-Mitglied anzumelden, so der Apotheker.
Die Forderung, den Zugang zunächst für DAV-Mitglieder wieder freizuschalten, ist für Mayerlen nicht nachvollziehbar. „Ich sehe keinen einleuchtenden Grund, wo der Unterschied sein soll. Warum es am Gastzugang liegen soll, ist mir rätselhaft.“ Dass die Debatte teils emotional wird, lässt ihn kalt. „Das ist mir eigentlich egal.“ Letztlich gehe es ihm um die Kund:innen seiner drei Apotheken, die er momentan vertrösten müsse. „Ich sage, dass der Server nicht funktioniert. Das Gemauschel zwischen dem DAV und der Abda interessiert meine Kunden nicht.“
Mayerlen kann seit Ende Juni die QR-Codes für den Impfnachweis generieren. Dass er dafür eine Gebühr von 200 Euro zahlen müsse, sei absolut nachvollziehbar. Insgesamt seien bis zu 3000 Zertifikate ausgestellt worden. Der Anfangshype habe mittlerweile etwas nachgelassen. Doch noch immer kämen Kund:innen und fragten nach den digitalen Nachweisen. „Wir haben anfangs deren Daten noch gesammelt.“
Nicht vor morgen sollen die Apotheken überhaupt erfahren, wie es mit den Impfzertifikaten weitergehen wird. Die IT-Sicherheitsexperten Dr. André Zilch und Martin Tschirsich haben das System des DAV laut eigenen Angaben in nur 48 Stunden geknackt. Der DAV hatte keinerlei Prüfung der von ihnen angegebenen Daten vorgenommen. Vor einer Woche wurde die Ausstellung gestoppt. Der „Zugang für registrierte Apothekeninhaber:innen“ sei laut DAV von dem „Angriff“ nicht betroffen gewesen, informierten die Mitgliedsorganisationen in Nordrhein. Außer dem einen Fall habe es keine weiteren unberechtigten Zugänge zum Apothekenportal gegeben. Mehr als 25 Millionen Impfzertifikate seien bisher durch Apotheken ausgestellt worden – alle von rechtmäßig registrierten Apotheken.