Locked-in-Syndrom

Kommunizieren per Pupille

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Berlin -

Wissenschaftler haben ein neues System entwickelt, um mit Locked-in-Patienten zu kommunizieren. Den sprach- und bewegungslosen Menschen sei es so möglich, mit wenig Technik und innerhalb weniger Sekunden auf Ja- oder Nein-Fragen zu antworten, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Current Biology“. Dafür wird die Größe der Pupillen gemessen. Das System funktioniere mit einem Laptop und einer Kamera, Spezialgeräte und aufwendiges Training seien nicht nötig, schreiben die Forscher. Zum Team gehören Wissenschaftler aus Marburg, Belgien, Australien und den USA.

Menschen mit dem Locked-in-Syndrom können sich bei vollem Bewusstsein weder bewegen noch sprechen. Ihnen ist es oft nur möglich, etwa Augen oder Lider zu bewegen und sich auf diese Weise verständlich zu machen. Ursache ist zum Beispiel ein Schlaganfall.

Die neue Methode macht sich Veränderungen der Pupille zunutze, wie sie etwa beim Kopfrechnen zu beobachten sind, erklärt Studienleiter Professor Dr. Wolfgang Einhäuser. „Geistige Anstrengung ruft automatisch eine Pupillenerweiterung hervor. Unsere Idee war, diese zu messen.“ Also wurden zunächst sechs gesunden Testpersonen Fragen gestellt wie: „Sind Sie 20 Jahre alt?“. Nun mussten sie eine Rechenaufgabe lösen – aber nur, wenn die richtige Antwort auf die Eingangsfrage auf einem Bildschirm angezeigt wurde.

Die Vergrößerung der Pupille konnten die Wissenschaftler mit einer Kamera messen und in die korrekte Antwort etwa zu „Sind Sie 20 Jahre alt?“ übersetzen. Einhäuser und sein Team testeten das System dann an sieben Locked-in-Patienten.

In vielen Fällen konnten die Forscher nach eigenen Angaben anhand der Pupillenreaktion eine Antwort erkennen. Die Methode könne möglicherweise auch eingesetzt werden, um den Zustand eines Patienten einzuschätzen, bei dem unklar ist, ob er bei Bewusstsein ist.

„Es ist bemerkenswert, dass ein scheinbar so einfaches physiologisches System wie das der menschlichen Pupille über eine so große Bandbreite an Reaktionen verfügt, dass es eine so komplexe Aufgabe wie Kommunikation erfüllen kann“, erklärt Einhäuser.

Er räumte ein, dass die Methode noch genauer und schneller werden könne. „Die Trefferquote liegt bislang bei 70 bis 90 Prozent.“ Doch das seien überwindbare technische Hürden. Schon jetzt könnte das System einen wichtigen Unterschied für die Patienten bedeuten.

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