Im digitalen Zeitalter werden die sogenannten „Lifehacks“ immer häufiger im Netz angeklickt. Hier geht es darum, Gegenstände anders zu verwenden, als sie ursprünglich vorgesehen waren. Damit lässt sich oft sogar die Effizienz erhöhen, der Kreativität wird freien Lauf gelassen. Auf YouTube gibt es zahlreiche Videos mit Lifehacks, die den Alltag erleichtern. Sogar für OTC-Arzneimittel finden sich hier oft ungeahnte Einsatzmöglichkeiten.
Anja Alchemilla sitzt mit ihren Kolleginnen im Pausenraum. Jeder ist ein wenig mit sich selbst und seinem Smartphone beschäftigt, bis die PTA Sonja plötzlich grinsend in die Runde fragt: „Habt ihr schon mal die Lifehacks für Wick Vaporub angeschaut? Da gibt es echt viel bei YouTube. Vielleicht können wir ja dem einen oder anderen Kunden noch was ganz Neues zu seinem bewährten Hausmittel erzählen.“ Die Kollegen werden neugierig: „Was meinst du denn, Sonja? Was gibt es denn Neues, das wir wissen müssten?“. Die PTA hält ihr Smartphone so in die Runde, dass alle einen guten Blick auf ihr ausgewähltes Video haben.
Das Personal der Filialapotheke erfährt nun, dass das Brusteinreibemittel bei Erkältungen auch noch gegen quietschende Türscharniere eingesetzt werden kann. Offenbar sollte man auch keinen Campingausflug mehr ohne die kleine Dose machen, denn Stechinsekten meiden die eingecremten Camper angeblich wie der Teufel das Weihwasser. Kopf- und Fußschmerzen sind nach dem Einsatz dieses Wundermittels vorbei, und auch Nagelpilz und rissige Hornhaut gehören der Vergangenheit an, wenn man dem Video Glauben schenken mag.
„Soll das heißen, dass wir jetzt Wick Vaporub sowohl im Schmerzregal unterbringen als auch bei den Fungiziden, den Mückensprays und den Fußcremes?“, fragt Anja lachend. „Brauchen wir dann überhaupt noch irgendwas anderes oder sollen wir uns gleich 500 Packungen bestellen und bei sämtlichen Zipperlein empfehlen?“ Da unterbricht sie Sonja: „Nein, nein… So schnell wirst du die anderen Medikamente nicht los. Warte mal, bis du siehst, was man mit Aspirin so alles anstellen kann.“ Sie tippt wieder auf ihr Smartphone und zeigt das nächste Video in die Runde.
Hier werden ein paar Tabletten in Wasser aufgelöst und die Lösung in eine Spritzflasche gefüllt. Das Sprühwasser hilft angeblich, um Kalk- und Seifenresten im Badezimmer den Garaus zu machen. Auf der Kopfhaut soll Aspirin Schuppen entfernen und als Spülung einen unwiderstehlichen Glanz in die Haare bringen. Die Anwendung zur Frischerhaltung von Schnittblumen kannte Anja dagegen schon, doch gegen gelbliche Schweißrückstände in den Klamotten oder gegen juckende Mückenstiche hatte sie das Schmerzmittel noch nicht verwendet.
„Das macht richtig Spaß Sonja – gibt es da noch mehr?“, fragten die Kollegen. „Na klar, da gibt es noch einiges! Auch für Paracetamol finden sich da noch neue Einsatzmöglichkeiten!“ Das nächste Video zeigt das Reinigen eines heißen Bügeleisens von eingebrannten Flecken mittels einer Zange und einer Paracetamol-Tablette. Wie Aspirin kann Paracetamol aber auch gegen Hornhaut an den Füßen, stumpfes und glanzloses Haar, Schweißflecken sowie Kopfschuppen angewendet werden.
„Wir müssen wohl oder übel unser ganzes Sortiment überdenken“, grinst Anja. „Bisher habe ich mir nur über Off-label-Use Gedanken gemacht. Abschwellende Nasensprays gegen Hämorrhoiden oder ähnliches… Aber das? Da kann man ja einen halben Hausratswarenladen mit Tabletten ersetzen!“ Sonja hat noch eine Idee: „Das klingt doch aber auch interessant! Zehn Dinge, die sie noch nicht über Nasensprays wussten, fehlt noch auf YouTube Anja!“ Die Filialleiterin winkt ab. „Ach was… Als Apothekerin nimmt man mich wahrscheinlich sowieso nicht ernst. Die denken dann nur, dass ich mehr verkaufen will. Das soll mal schön Professor Glaeske machen…“
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