H5N5: Noch großer Forschungsbedarf dpa, 25.01.2017 10:34 Uhr
Die Herkunft des in Schleswig-Holstein nachgewiesenen Geflügelpestvirus H5N5 ist den Wissenschaftlern des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) noch unbekannt. Der in Schleswig-Holstein gefundene Virustyp, der damit erstmals in Europa in einem Hausgeflügelbestand festgestellt wurde, sei dem bislang grassierenden Virus H5N8 sehr ähnlich, sagte Elke Reinking, Sprecherin des Instituts auf der Insel Riems bei Greifswald. „Beides sind hochpathogene Viren.“
Bei der neuen Variante handle es sich wahrscheinlich um ein Mischvirus auf der Basis von H5N8. Mischviren entstehen demnach, wenn ein Tier zeitgleich von Viren zweier verschiedener Subtypen infiziert ist, die ihr Erbmaterial austauschen und so neue Nachkommen hervorbringen. Wo das geschah, ist noch nicht bekannt.
Im Dezember hatte es nach FLI-Daten erste H5N5-Befunde bei Wildvögeln in den Niederlanden, Montenegro, Kroatien, Italien und Albanien gegeben. Auch bei einer verendeten Nonnengans in Brunsbüttel wurde das Virus nachgewiesen. Die Wildgans war etwa 30 Kilometer von dem nun betroffenen Putenzuchtbetrieb im Kreis Steinburg entfernt gefunden worden. Wie das Virus in die zwei geschlossenen Anlagen des Betriebes kam, ist noch unklar. 18.400 Puten wurden getötet, um eine weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern.
Im FLI erfolgen der Sprecherin zufolge jetzt Infektionsversuche, um Unterschiede zum Typ H5N8 festzustellen und herauszufinden, wie und wo H5N5 entstanden ist und auf welchen Wegen es sich verbreitet hat. Die bisherige Risikoeinschätzung sei aktualisiert worden. Grundsätzlich habe sich nichts geändert. Das Eintragsrisiko in Hausgeflügelbestände in Deutschland sei weiter sehr hoch und eine Entspannung nicht in Sicht, betonte Reinking. H5N5-Infektionen beim Menschen seien bisher ebenso wenig bekannt wie H5N8-Infektionen.
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) sagte, mehr als zweieinhalb Monate Geflügelpest seien eine große Belastung für die Geflügelhalter. Die landesweite Stallpflicht sei aber unbedingt erforderlich. „Derzeit kann ein ungeschützter Auslauf für das empfängliche Hausgeflügel nicht verantwortet werden“, erklärte der Minister.
Der Eindruck eines nachlassenden Infektionsdruckes täusche. Dass Mecklenburg-Vorpommern bisher relativ glimpflich davongekommen sei, sei insbesondere der Stallpflicht, den eingeleiteten Hygienemaßnahmen, dem Jagdverbot auf Federwild sowie den Untersuchungen zu verdanken.
Seit dem ersten Nachweis Anfang November habe sich das Virus H5N8 über das gesamte Bundesgebiet ausgebreitet. 15 Bundesländer, 20 europäische Staaten sowie drei Kontinente seien betroffen. In Deutschland seien bisher 54 Geflügelpestmeldungen aus Geflügelhaltungen und Zoos sowie Virusnachweise bei mehr als 660 Wildvögeln bekannt. In Mecklenburg-Vorpommern wurde die Vogelgrippe bei 76 Wildvögeln nachgewiesen.