Nachdem sich die Apotheker gerade erst gegen den jüngsten medialen Affront zur Wehr setzten, folgte gestern Abend gleich die nächste Kritik. Für den Beitrag „Die Tricks der Ärzte und Apotheken“ im Norddeutschen Rundfunk (NDR) besuchte eine Reporterin Apotheken, um zu zeigen, dass viele Apotheker zu viel
verkauften.
Apotheken müssten mehr sein als Schaufenster für die Pharmaindustrie, heißt es im Beitrag. In 20 Apotheken ließ sich die Redakteurin beraten und kaufte Erkältungspräparate für ihren Freund. Nur eine Apotheke verkaufte ihr ein Schmerzmittel und ein Nasenspray für insgesamt 6,25 Euro. Laut Gesundheitsökonom Professor Dr. Gerd Glaeske, der als Kommentator den Bericht begleitet, war das vollkommen ausreichend. Alles weitere sei erst einmal unnötig.
Im Durchschnitt ließ die Redakteurin jedoch rund 20 Euro in den Apotheken, der teuerste Einkauf lag bei 40,30 Euro. Zehn Apotheken empfahlen Kombipräparate. Diese seien jedoch unsinnig, so Glaeske, weil darin von allem ein bisschen gegeben werde. Zudem könnten starke Nebenwirkungen auftreten. Die Mittel würden aber häufig empfohlen, weil sie Gewinn brächten und von der Werbung in Szene gesetzt würden.
Als Negativbeispiel nennt Glaeske Wick Medinait, das mit dem Bestandteil Alkohol denkbar ungeeignet sei und vom Markt gehöre. Dass die deutschen Apotheker das Präparat zum Medikament des Jahres gewählt hätten, findet er blamabel.
Auf der Pharmamesse Expoharm fällt der Redakteurin auf, dass es im Grunde ums Geld geht. Apotheken werde beigebracht, wie sie Geld verdienen könnten. In einem Handbuch von Boehringer Ingelheim etwa würden Verkaufs- und Platzierungshinweise gegeben.
Interviewt wird auch Marketing-Experte Rainer Graul: „Die Botschaft soll sein: Kauf mich“, so Graul. Sämtliche Herstelle wollten in die optimale Platzierungshöhe von 1,50 Meter kommen. Laut der Redakteurin bekommen Apotheker Medikamente günstiger, je besser diese platziert würden. Auch aufwendige Schaufenster-Dekorationen bezahle häufig der Hersteller.
Apotheker Uwe Rodemeister von der Born-Apotheke in Bad Salzuflen bestätigt der Redakteurin, dass der Rabatt auch mengenbezogen sei. „Das ist normales kaufmännisches Handeln. Nicht ethisch verwerflich“, sagt er. Entscheidend sei, ob man mit Gewissen verkaufe. Der Verkaufsdruck sei gegenwärtig so hoch, dass man auch Präparate empfehle, die keinen Nutzen für den Patienten hätten. „Das werden Sie in vielen Apotheken finden.“
Apotheker Dr. Michael Vetter von der Apotheke Dr. Vetter in Stockach betont dennoch: „Es ist tatsächlich so, dass in den meisten Fällen die Apotheke eher Ethik als Monetik leben.“ Man rate auch oft von Medikamenten ab.
Daneben wurden für den NDR-Beitrag Hautcremes getestet. Immerhin seien 2013 10 Prozent mehr Hautcremes in deutschen Apotheken verkauft worden. Eine Gesichtscreme und eine Bodylotion der Martkführer Vichy und Eucerin wurden mit zwei Marken der Drogerieketten dm und Rossmann verglichen.
Im Labor wurde bei zehn Testpersonen, die täglich die Mittel nutzten, nach zwei Wochen die Hautfeuchtigkeit gemessen. Eucerin Bodylotion schnitt dabei mit „sehr gut“ ab, alle anderen mit „gut“. Laut den Testern spenden die Apotheken-Präparate zwar ein wenig mehr Feuchtigkeit, das Preis-Leistungsverhältnis sei aber bei den Drogerie-Marken deutlich besser. Viele Produkte seien für die Wirkung zu teuer.
Thema war außerdem die Zweiklassen-Medizin: Die Redakteurin kam zu dem Schluss, dass Kassenpatienten weit länger auf Arzttermine warten müssten und für Privatpatienten die Gefahr der Überversorgung bestehe. Dazu interviewte sie auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Das Vertrauen vieler Bürger in Ärzte sei nicht gerechtfertigt.
Daneben ging es darum, wie „scheinbar unabhängige“ Ärzte und Apotheker das in sie gesetzte Vertrauen für Werbezwecke der Hersteller nutzen. Angeführt wurde der Hersteller Almased, der sowohl Ärzte als auch Apotheker für seine Shakes werben ließ. Dem Beitrag zufolge will die Wettbewerbszentrale die Werbung rechtlich prüfen lassen.
Es sei wichtig, zu wissen, „wer wirklich eine reine Weste hat, und wer nur einen weißen Kittel“, so der Beitrag. „Denn für manche ist unsere Gesundheit eben bloß ein großes Geschäft“. Nächste Woche im NDR: „Die Tricks der Drogerien. Wie Rossmann und dm die Kunden verführen.“
APOTHEKE ADHOC Debatte