Ob Antibiotika oder Medikamente für die Chemotherapie – Lieferengpässe bei Arzneimitteln gibt es immer wieder. Welche Folgen das für die medizinische Versorgung in Krankenhäusern hat und welche Maßnahmen die Klinikapotheken deshalb ergreifen, thematisiert heute Abend die NDR-Sendung „Visite“. Zudem werden die Gründe für die Entstehung von Lieferengpässen beleuchtet.
Derzeit sind den NDR-Reportern zufolge in Deutschland eine Reihe von Antibiotika nicht lieferbar. Darunter sei auch ein Präparat, das im stationären Bereich gegen Atemwegs-, Bauch-, Haut- und Weichteilinfektionen eingesetzt wird. Patienten müssten daher vermehrt mit anderen Präparaten versorgt werden, und das habe gravierende Folgen. Die Patienten müssten zum Teil zwei verschiedene Antibiotika als Ausgleich einnehmen, so der Bericht. Für die Betroffenen bedeute das nicht nur mehr Nebenwirkungen sondern auch ein erhöhtes Risiko, dass die Keime Resistenzen entwickeln.
Doch nicht alle Medikamente lassen sich substituieren. Als Beispiel führen die Reporter das Chemotherapeutikum Melphalan an. Das Präparat war im Sommer 2015 nicht lieferbar. Zahlreiche Krebspatienten hätten daher die lebenswichtige Therapie laut „Visite“ nicht bekommen. Schließlich sei Melphalan durch kein anderes Medikament zu ersetzen.
Im Internet veröffentlicht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) regelmäßig eine Liste mit Arzneimitteln, die nicht lieferbar sind. Doch diese ist nicht vollständig. Denn die Hersteller sind nicht dazu verpflichtet, Lieferschwierigkeiten zu melden. Sind Medikamente nicht auf dem Markt zu haben, sei das meist eine Nachricht, die Ärzte und Patienten überraschend treffe, folgern die NDR-Reporter.
Gegen Lieferengpässe versuchen sich die Kliniken zu wappnen – und zwar mit vereinten Kräften und teils hohem Aufwand. Um Engpässe abzufedern, versuchen die Klinikapotheken laut „Visite“-Beitrag sich gegenseitig mit Medikamenten auszuhelfen. Zudem hielten sie die Lagenbestände möglichst hoch. Die Folge seien ein größerer Aufwand für die Krankenhausapotheken sowie höhere Kosten als eigentlich nötig.
Einen Grund für die immer wieder auftretenden Lieferschwierigkeiten sehen die NDR-Reporter darin, dass viele Pharmaunternehmen ihre Produktion aus Kostengründen zu Subunternehmern ins Ausland verlagern – zum Beispiel nach Indien oder China. Kommt es dort, zum Beispiel wegen eines Brandes oder Qualitätskontrollen zu einem Produktionsstopp, werde danach zuerst die Produktion teurer Arzneimittel wieder aufgenommen. Bei günstigeren Präparaten komme es dem NDR zufolge dann zu Lieferengpässen.
„Visite“ ist heute um 20.15 Uhr im NDR zu sehen. Weitere Themen der Sendung sind Hämorrhoiden, Brustschmerzen infolge von Sodbrennen und Blutdruckwerte.
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