Freie und fliegende Kater Alexander Müller, 24.06.2015 12:20 Uhr
Wer abends einen über den Durst trinkt, hat morgens einen „Kater“. Abhilfe wollte die Deutsche Internet Apotheke (Martinus Apotheke, Erftstadt) verschaffen und hat über die Schwesterfirma Philpharma eine Brausetablette mit dem naheliegenden Namen „Katerfrei“ auf den Markt gebracht. Doch ein Gericht verbot die Bezeichnung. Jetzt heißt die Tablette „Katerfly“.
Alkohol gilt hierzulande als Kulturdroge, entsprechend umkämpft ist der „Katermarkt“: Neben Klassikern aus der Apotheke wie Aspirin plus C und Alka Seltzer gibt es zahlreiche freiverkäufliche Mittelchen: After Alc, Alkorin, Tios, ElectroVit Hangover Aid oder DocBahama sind nur einige Beispiele.
Die Präparate werden als Nahrungsergänzungsmittel oder bilanzierte Diät verkauft, die Kapseln, Pulver oder Brausetabletten enthalten meist eine Mischung aus Vitaminen und Elektrolyten. Letztlich ähneln die Produkte Elektrolyt-Glukose-Mischungen, die auch bei Duchfallerkrankungen eingesetzt werden.
Das galt auch für Katerfrei. Die Brausetabletten enthalten Kalium, Natrium und Vitamin C. Das Produkt gibt es bei Versandapotheken und im Mass Market. Doch mit der Bewerbung hatte der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) ein Problem und mahnte das Unternehmen ab. Das Landgericht Köln gab dem Wettbewerbsverband recht, das Urteil ist rechtskräftig.
Der VSW hatte den Namen Katerfrei sowie verschiedene Werbeaussagen angegriffen, etwa „Katerfrei hilft die lästigen Symptome des Katers auf natürliche Weise zu lindern und zu beseitigen.“ oder „Die Brausetablette nach übermäßigem Alkoholgenuss.“
Aus Sicht des Wettbewerbsverbands verstieß die Werbung gegen die Lebensmittel-Gesundheitsangabenverordnung beziehungsweise das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Demnach dürfen Lebensmittel nicht mit Aussagen beworben werden, die sich auf Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen. DIA hatte dagegengehalten, bei einem Kater handele es sich nicht um einen krankhaften Zustand.
Das Landgericht befragte hierzu das Online-Lexikon Wikipedia. Kater bezeichnet demnach umgangssprachlich das Unwohlsein und die Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit eines Menschen infolge übermäßigen Alkoholgenusses. Die Symptome reichten von Kopfschmerzen bis zu Entzündungen der Magenschleimhäute und Erbrechen, auch depressive Verstimmungen und Angstzustände könnten auftreten.
Unzweifelhaft handele es sich damit um eine Störung der normalen Beschaffenheit oder Funktion des Körpers, die nichts mit dem natürlichen Auf und Ab zu tun habe, so die Richter. Wenn ein Nahrungsergänzungsmittel als Katerfrei bezeichnet werde, könne das vom Verbraucher nur so verstanden werden, „dass es die vorbezeichneten Symptome des übermäßigen Alkoholkonsums beseitigt, lindert oder diesen vorbeugt“, heißt es im Urteil vom 9. September 2014.
Philpharma war gegen die Entscheidung in Berufung gegangen. Doch in der mündlichen Verhandlung am 1. April hatte das Oberlandesgericht Köln (OLG) durchblicken lassen, dass es ebenfalls zugunsten des VSW entscheiden würde. Das Unternehmen zog daher seine Berufung vor einer Urteilsverkündung zurück. Damit ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig.
Aufgegeben wurde das Produkt aber nicht, sondern umbenannt. „Katerfrei“ heißt jetzt „Katerfly“ und ist im Handel erhältlich. Der VSW scheint mit fliegenden Katern kein Problem zu haben.