Nachwuchsgewinnung

Schüler lernen von Apotheker

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Berlin -

Quer über die Republik werden händeringend Approbierte und PTA gesucht. Christoph Gulde, Apotheker aus Stuttgart-Weilimdorf, versucht seine Nachwuchsfachkräfte schon früh in der Ausbildung oder Studium an sich zu binden. Um jungen Menschen schon frühzeitig einen ersten Blick in die Berufswelt eines Pharmazeuten zu geben, macht er auch bei einer Berufsbilderbörse an einem Gymnasium in Stuttgart mit.

In Zeiten des demografischen Wandels sei es wichtig, sich rechtzeitig und intensiv um die Gewinnung des Nachwuchses zu kümmern, ist Gulde überzeugt. „Ich bin froh, junge Menschen zu treffen, und zwar in der Zeit, wenn sie sich erste Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen“, sagt der Pharmazeut. Bei der Berufsbilderbörse am Neuen Gymnasium in Stuttgart-Feuerbach erhält jeder Referent ein Klassenzimmer und kann seinen Beruf den Schülern der achten bis elften Klassenstufen vorstellen.

Seit 19 Jahren gibt es die Berufsbilderbörse bereits. Mittlerweile machen nicht nur 350 Schülerinnen und Schüler des Neuen Gymnasiums, sondern auch einige aus anderen Schulen wie etwa dem benachbarten Leibniz-Gymnasium, mit.

Die Schüler sind an diesem Tag angehalten, bei zwei bis drei Berufsvorstellungen dabei zu sein. Auch in diesem Jahr hatten sie die Qual der Wahl. Denn von der Richterin über die Schauspielerin bis zum Architekten sowie Polizisten war das Angebot groß. Die Referenten kamen von Unternehmen wie der Robert Bosch GmbH, Siemens, der Commerzbank oder dem Thieme Verlag. Viele von ihnen sind nach Angaben des Gymnasiums ehemalige Schüler oder hätten Kinder am Neuen Gymnasium. Auch Guldes Sohn besucht die Schule.

Das Interesse an „pharmazeutischen Berufen“, wie Gulde seine Berufsvorstellung überschrieb, war in diesem Jahr außergewöhnlich hoch. „So eine rappelvolle Klasse habe ich noch nie gehabt“, sagt der Apotheker, der bereits zum fünften Mal dabei war und als einer von 25 Referenten aus seinem Berufsalltag sowie über Studieninhalte und den Ablauf berichtete.

Im vergangenen Jahr hatten ihm lediglich sechs Schüler zugehört. Allerdings sei es eine äußerst lebhafte und neugierige Gruppe gewesen. „Sie haben viel gefragt und waren wirklich sehr interessiert“, sagt Gulde. „Es kommt eben oft nicht nur auf die Quantität, sondern auch die Qualität an.“

Der Apotheker will den Schülern in erster Linie einen ersten Einblick in die Welt der Pharmazie geben. Unter anderem erkläre er ihnen, seit wann und warum es überhaupt Apotheken gibt, welche Aufgaben sie haben und wie sie diese mit der Zeit gewandelt haben. Auch die Geschichte der Arzneimittel steht auf dem Programm.

Sein Ziel sei auch, den jungen Menschen zu zeigen, wie vielseitig der Beruf eines Pharmazeuten ist und vor allem, dass sie händeringend gesucht werden. Das Studium habe zwar hohe Anforderungen, doch wer es bis zum Abschluss schafft, dem stehe nicht nur frei, eine Apotheke zu besitzen oder dort zu arbeiten, sondern auch ein Job in der Industrie oder der Forschung.

Die Frage nach dem Gehalt werde regelmäßig gestellt, berichtet Gulde. Aber auch kritische Fragen kommen immer wieder vor. So habe in diesem Jahr ein Mädchen gefragt, warum Arzneimittel in Deutschland so teuer seien. „Also habe ich den Schülern eine vergleichsweise komplizierte Sache wie die Preisbindung hierzulande erklärt“, sagt der Apotheker.

Lustige Momente gebe es auch ab und zu. So habe ein Schüler auf die Frage, was denn Apotheken sind, geantwortet: „Sie dürfen legal Drogen verkaufen“. „Das ist super, um das Eis zu brechen und die Stimmung aufzulockern“, weiß Gulde, der bereits in dritter Generation die Solitude-Apotheke in Stuttgart-Weilimsdorf betreibt.

Vor fast 80 Jahren eröffnete sein Großvater August Otto die erste Apotheke in Weilimdorf, allerdings noch an einem anderen Standort. „50 Gramm Strychninweizen zur Mäusevernichtung“ notierte er am 16. Mai 1937 als ersten Eintrag in sein Giftbuch. 14 Jahre später bezog Otto das Gebäude am Löwen-Markt, wo sich die Solitude-Apotheke bis heute befindet. Guldes Mutter Liesel übernahm die Apotheke im Jahr 1955.

Gulde erinnert sich, wie er als Kind zusammen mit seinen Geschwistern tütenweise Kastanien, Kamillenblüten oder Goldruten sammelte, aus denen sein Großvater Haarwasser, Blasentee oder homöopathische Tinkturen anfertigte. Für ihn selbst stand bereits mit 16 Jahren fest, dass er den Betrieb seiner Eltern einmal fortführen würde. Allerdings bekam er nach dem Abitur nicht sofort einen Studienplatz und machte zunächst eine Ausbildung als „Apothekenhelferin“.

„Genau so stand es auf meinem Ausweis. Ich war der einzige Mann“, berichtet der Apotheker, der im zweiten Stock des Apotheken-Gebäudes zur Welt gekommen ist. Letztendlich hat Gulde doch noch seinen Studiumplatz bekommen und erfolgreich absolviert. Im Jahr 1986 übernahm er die Apotheke seiner Eltern.

Was es heißt, auf der Suche nach qualifizierten Fachkräften zu sein, weiß der Pharmazeut nur zu gut aus eigener Erfahrung. Fast drei Jahre habe er zuletzt nach einer PTA für seine Apotheke gesucht. „Der Markt ist aber wie leergefegt“, berichtet Gulde. Am Anfang habe er mit Stellenanzeigen versucht. Doch hat der Apotheker nur wenige Bewerbungen bekommen, deren Qualität auch noch zu wünschen übrig ließ.

Daraufhin hat Gulde seine Personalstrategie geändert und versucht seitdem, Nachwuchskräfte bereits während der Ausbildung beziehungsweise während des Studium zu erreichen. So können sie nicht nur ihre Praktika und Famulaturen in der Solitude-Apotheke absolvieren, sondern bis zum Abschluss am Samstag oder in der Schul- und Semesterferien in der Apotheke arbeiten.

„So können sie die Apotheke besser kennenlernen und bleiben uns hoffentlich auch nach der Ausbildung beziehungsweise Staatsexamen verbunden“, hofft der Pharmazeut. Seine Bemühungen tragen nun erste Früchte. „In wenigen Wochen fängt eine PTA bei uns an, die auch schon ihr Praktikum bei uns absolviert hat“, berichtet er stolz. Eine weitere angehende PTA soll im September ihr Praktikum in der Apotheke anfangen.

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