Nachwuchs: Personal kann man nicht kaufen Patrick Pehl, 21.06.2022 13:05 Uhr
Pharmazeutische Fachkräfte sind schwer zu bekommen und die Konkurrenz ist groß. Startboni, Firmenfahrzeuge und übertarifliche Entlohnung sind kein Garant für erfolgreiche Personalfindung. Selbstverwirklichung ist für viele Approbierte und PTA mittlerweile wichtiger. Ob Offizin oder nicht, entscheiden Arbeitnehmer heute zunehmend individuell.
Allenthalben ist von fehlendem Personal zu lesen – egal ob in Städten oder auf dem Land. Das Fachkräfteproblem existiert branchenübergreifend und ist im pharmazeutischen und medizinischen Bereich besonders schwerwiegend, da nur ein enger Personenkreis die Tätigkeiten ausführen darf.
Viele Apotheken haben sich mittlerweile von den großen Konzernen Strategien abgeschaut. In Stellenausschreibungen ist von Dienstfahrradleasing, Umzugskostenübernahmen, Firmenhandys und anderen Bonbons zu lesen. Der Wettbewerb um Arbeitnehmer wird intensiver.
„Gern würde ich Benefits geben”
So sucht eine Apotheke bei Regen in Bayern dringend Fachkräfte, Filialleiter Raphael Dives weiß nicht mehr weiter: „Die Wege sind hier auf dem Land weit, der Tankgutschein gehört schon zum guten Ton. Die jungen Leute wollen aber eher gar nicht nur das Geld, sondern stellen die Work-Life-Balance in den Vordergrund. Eine 40-Stunden-Woche braucht man gar nicht mehr anbieten und die Öffnungszeiten in der Apotheke sind halt auch nicht so toll.“ Gern würde er Bewerbern Vergünstigungen und ein gutes Arbeitsklima anbieten, doch er kommt gar nicht dazu, da es keine Bewerber gibt.
In der bayerischen Apotheke gab es in letzter Zeit zwei Auszubildende, die dann aber lieber in den Pharmavertrieb gegangen sind. „Die Möglichkeiten rum zu kommen und sich zu entwickeln waren einfach größer, als hier in der Apotheke. Die jungen PTA oder PKA fahren lieber als Vertreter durchs Land, als abends und nachts Medikamente auszugeben“, meint Dives und überlegt: „Wer weiß, vielleicht ändert sich das noch mal.”
Personal in der Stadt finden
Anders als auf dem Land sind die Wege in der Stadt kurz und der Tankgutschein ist hier der Zuschuss zum Nahverkehr. Doch die Probleme sind ähnlich. In Unterhaching bei München zahlt man einen Startbonus in Höhe von 1500 Euro. In den Städten konkurrieren die Apotheken nicht nur mit anderen Offizinen, sondern auch mit Pharmaherstellern, was den Markt zusätzlich verknappt.
Aber auch hier ist es mittlerweile wichtig, persönliche Bedürfnisse mit der Arbeit zu verknüpfen. Familienbetreuung, Freizeitgestaltung und Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung stehen im Vordergrund. Das Geld ist laut mehrerer Personalverantwortlicher bei der Einstellung erst zweitrangig.
Modernes Recruiting
Die Personalbeschaffung ist aber ebenfalls anders geworden. Apotheken versuchen sich in Social-Media-Inseraten und auf Jobportalen, doch erfolgreich ist auch das nicht unbedingt, berichtet Raphael Dives: „Die Portale versprechen immer viel, aber am Ende kommt da auch nichts weiter rum.“
Am Ende sind Apotheken eben auch Arbeitgeber und müssen sich am Markt behaupten – auch wenn sie eine besondere Rolle in der Daseinsvorsorge der Bürger einnehmen.