Nachfolge meist im Familienkreis Lilith Teusch, 17.08.2024 09:01 Uhr
Neben steigenden Betriebs- und Personalkosten ist auch die erfolglose Suche nach einem Nachfolger ein Grund für viele Schließungen: Denn für viele junge Absolventen sei die Selbstständigkeit nicht mehr so attraktiv, erklärt Till Brüning. Für junge Apotheker fehle die nötige Planungssicherheit, um eine Betriebsstätte zu eröffnen. Die schwierige wirtschaftliche Situation der Branche und die Unsicherheit über politische Entscheidungen verschärften dieses Problem. Seiner Meinung nach hilft nur eines: Es muss mehr Geld ins System.
Angefangen hat alles mit der Altstadt-Apotheke in Selm. Brünings Großvater eröffnete die Apotheke vor über 50 Jahren. Später übergab er sie an seinen Sohn Volker; dieser begann 2009 mit der Expansion nach Lünen. Auf die Colosseum-Apotheke folgten 2011 die Apotheke Brüning in einem Facharztzentrum in Lünen und 2015 die Altstadt-Apotheke in der Innenstadt. Heute arbeitet Brüning als angestellter Apotheker in den Apotheken seines Vaters. Gerade hat er sein Studium abgeschlossen und die Approbation beantragt. Vater und Sohn planen, eine OHG zu gründen und die vier Apotheken gemeinsam zu führen.
Selbstständigkeit im Familienbetrieb
2014 gab es in Lünen noch 25 Apotheken, 2024 sind es nur noch 20. Allein in den letzten zwölf Monaten mussten zwei weitere Betriebe für immer schließen. Einen Grund dafür sieht der Apotheker in der Suche nach Nachfolgern. „Die Selbstständigkeit ist für viele nicht mehr so attraktiv“, sagt Brüning.
„Bei einer Umfrage an meiner Hochschule konnten sich von 55 Befragten nur zwei vorstellen, eine Apotheke zu übernehmen“, erinnert sich der junge Apotheker. Einer davon war er selbst, der andere ein Kommilitone, der ebenfalls aus einer Apothekerfamilie stammt. Es sei einfacher, einen Familienbetrieb zu übernehmen, als alles mit Fremden regeln zu müssen, erklärt Brüning. Warum schließlich solle man sich verschulden, um einen Betrieb zu übernehmen, wenn man nicht einmal absehen könne, ob es ihn in fünf Jahren noch gibt?
Stattdessen würden viele seiner Mitstudierenden eine Karriere in der Industrie oder in einer Krankenhausapotheke anstreben. Gerade in der Industrie gebe es gute Angebote mit angenehmeren Arbeitszeiten als in der öffentlichen Apotheke. Dazu kommen freie Wochenenden und die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, erklärt der Apotheker. Und alle diese Vorteile gibt es, ohne selbst das Risiko eines eigenen Betriebes tragen zu müssen.
Ein weiteres Problem sind die steigenden Betriebs- und vor allem die hohen Personalkosten. „Die Kundenzahlen haben sich positiv entwickelt, aber nicht genug, um die Personalkosten auszugleichen“, sagt der Apotheker. „Die Apotheken leben von den Rezepten, aber hier wurde die Vergütung seit zehn Jahren nicht mehr angepasst“, kritisiert Brüning.
Apotheke-Light: Ein Trojanisches Pferd
Auch die in der Apothekenreform vorgesehenen Apotheken ohne Präsenzapotheker sieht er kritisch: „Das ist wie ein ‚Trojanisches Pferd‘. Auf den ersten Blick mag die Idee, dadurch die Apotheken zu entlasten, sinnvoll erscheinen. Doch wenn sich dieses Modell erst einmal etabliert hat, könnte es den Beruf des Apothekers langfristig überflüssig machen“, erklärt Brüning. „Es braucht andere Lösungen, wie etwa eine Erhöhung des Honorars.“ Auch das Einsparpotenzial hält der Apotheker hier für gering. Schließlich müsste eine PTA, die Führungsaufgaben übernimmt, entsprechend besser bezahlt werden. Unterm Strich würde das, wenn überhaupt, nur minimale Einsparungen bei den Personalkosten bringen.
Auch das Versprechen aus der Politik, dass es keine Leistungskürzungen geben werde, würde damit gebrochen. Eine Apotheke ohne anwesenden Apotheker könne eben nicht mehr alle Leistungen erbringen, schon die intensive Beratung falle weg. „Es muss mehr Geld in das Gesundheitssystem fließen. Nicht nur in die Apotheke, sondern auch in andere Bereiche des Gesundheitswesens wie die Pflege“, fordert Brüning.