Nach Real-Pleite: Warten auf neuen Supermarkt Laura Schulz, 03.04.2024 09:39 Uhr
Seit dem 23. März hat der Real-Supermarkt im brandenburgischen Pritzwalk geschlossen. „Wir bleiben erstmal vor Ort“, erklärt Christoph Sommerfeld, Inhaber einer Apotheke am Standort. Er ist inzwischen allein im ehemaligen Real-Center, betreibt aber noch zwei weitere Apotheken. Ihre einzige Apotheke hat hingegen Dr. Annette Engelhardt im bisher von Real vermieteten Center in Brandenburg an der Havel. Zusammen mit den anderen Ladeninhaber:innen wartet sie nun auf den Einzug von Kaufland.
„Wir haben jetzt einen kurzlaufenden Vertrag mit dem Eigentümer der Immobilie geschlossen und werden ab dem 1. April den Standort weiter betreiben, wenngleich wir nicht wissen, ob sich das weiterhin wirtschaftlich trägt“, so Sommerfeld. Im Hintergrund laufen aktuell Verhandlungen mit einem weiteren Ankermieter, weiß der Inhaber. „Jetzt müssen wir schauen: Halten wir so lange durch? Halten uns die Kunden die Treue oder geht es wirtschaftlich einfach nicht.“
Bislang lebte die „Apotheke im Real“ von der Laufkundschaft des Real-Centers einerseits und der Kundschaft der umliegenden Geschäfte auf dem Areal andererseits. „Wir sind in diesem Center die einzigen, die bleiben.“ Zwar wäre in näherer Zukunft ein Ladengeschäft in der Nähe frei geworden, doch das rechnet sich für Sommerfeld nicht. „Ich habe mir mal durchrechnen lassen, was ein Umzug mit meiner Apotheke kosten würde. Allein der Umzug des Automaten würde 25.000 Euro bis 30.000 Euro kosten. Da habe ich mir gedacht, das spare ich mir erstmal.“
Da das gesamte Mobiliar nicht 1:1 auf eine andere Fläche übertragbar ist, hätte Sommerfeld Zukäufe machen müssen. „Mit allem Drum und Dran wären das 150.000 Euro für den Umzug gewesen.“ Das Risiko, erst einmal im aktuellen Ladengeschäft mit der Apotheke zu verbleiben, hält der Inhaber im Vergleich für etwa gleich groß – und bleibt.
Nach dem letzten Betriebstag des Centers wurde die Apotheke vom Einkaufszentrum abgekapselt: Zugang gibt es seitdem nur noch über eine Außentür; die beiden Türen zur Passage hin wurden verschlossen. Neben dem Alarmsystem des Reals verfügt die Apotheke über eine eigene Sicherung. „Wir sind daher relativ autark vom Center unterwegs, wir hoffen nur, dass die Internetleitung stabil genug bleibt, um E-Rezepte zu beliefern und Bestellungen zu tätigen.“
Wie geht es weiter?
Darüber hinaus will Sommerfeld nichts an der Apotheke verändern. „Wir gehen davon aus, dass in näherer Zukunft eine Entscheidung getroffen wird, wer anstelle des Reals ins Center kommt. Es geht ja nicht nur um uns, sondern um insgesamt 63 verbliebene Filialen, die an einen neuen Besitzer gehen sollen. Ich weiß nichts Genaues, aber ich weiß, dass die Verhandlungen laufen.“
Was auch bleibt ist der Name: Apotheke im Real. „Auf den Namen läuft der Handelsregistereintrag und auch die Gewerbeanmeldung. Bis ich nicht weiß, wer anstelle des Reals im Center sein wird, werden wir den Namen nicht verändern.“ Außerdem wisse jeder in Pritzwalk, wo der Real ist und somit auch den Standort der Apotheke.
Ein Jahr will der Apotheker seiner Filiale geben. „Wenn es dann doch nichts wird mit einem Nachfolger, bin ich eben dann draußen. Ich möchte es einfach gern versuchen.“ Dies liegt insbesondere an seinen Mitarbeiterinnen. „Das muss ich wirklich sagen: Sie haben mir bis zum letzten Tag hier die Treue gehalten. Das ist nicht selbstverständlich.“ Immerhin habe das Team, so Sommerfeld, eine Zeit lang in einem „Informationsloch“ gelebt: „Wir hatten nur die Information, das Real pleite geht und wir zum 31. März raus müssen.“ Mitte Februar wusste der Apotheker immer noch nicht, wie es konkret weitergeht. „Und trotzdem haben meine Mitarbeiter an meiner Seite gestanden.“ Deshalb freut sich Sommerfeld, dass es erst einmal weitergeht.
In Brandenburg an der Havel bleibt die Apotheke im BeetzseeCenter ebenfalls bestehen. Nachdem der Real-Markt geschlossen hat, steht der neue Mieter bereits fest: Kaufland. Noch ist der Markt aber nicht da – dafür alle anderen Mitmieter. Dadurch erhofft sich die Inhaberin Engelhardt weiterhin Laufkundschaft; ihre Stammkundschaft hat sie sowieso. Den Mietvertrag mit dem Center-Betreiber, nicht mit Real, hatte sie Ende letzten Jahres gerade erst für vier Jahre verlängert.
Gesichert ist die Lage trotzdem nicht: „So ganz klare Antworten haben wir immer noch nicht. Kaufland soll eventuell im Januar einziehen. Wir müssen erstmal gucken, wie es weitergeht.“ Mindestens ein Dreivierteljahr herrscht also ein Loch beim größten Anziehungspunkt des Centers. So lange brauche Kaufland dem Vernehmen nach, um umzubauen.
Die von ihr betriebene Rezeptsammelstelle in einem der Nachbardörfer bringt allerdings nicht mehr viel: „Über die Rezeptsammelstelle läuft erstmal nichts mehr, da die Praxis vor Ort nur noch E-Rezepte ausstellt. Das wird sich auch irgendwann erübrigen.“
Noch Leben im Center
Doch die Inhaberin ist optimistisch. Immerhin gibt es ein Ziel vor Augen und auch die Kund:innen aus dem Umland, für die ihre Apotheke die erste auf dem Weg in die Stadt ist. Drei Kolleg:innen haben dort in den vergangenen Jahren dicht machen müssen. Und auch die Tatsache, dass die Apotheke ungewöhnlich viele Stammkunden hat, hilft.
Der Real-Markt ist auch hier am 23. März geschlossen worden, nun werden die kommenden Wochen und Monate zeigen, ob es zum Überleben reicht. Das Center jedenfalls gibt sich Mühe, Kund:innen und Händler zu halten und lädt zum Beispiel zum Oster-Shopping ein. Verwaltet wird das Center von einem eigenständigen Joint Venture von Metro zusammen mit einem Center-Betreiber hinter dem das Handelsunternehmen Otto steht.