Zwei Wochen nach dem Amoklauf von München geht es in der Apotheke im Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) noch immer alles nur um Benet, den angeschossenen Sohn des Fahrers der örtlichen SaniPlus-Apotheke. Benet ist auf dem Weg der Besserung, bis zu seiner vollständigen Genesung wird es aber noch eine Weile dauern. Das Team in der Apotheke muss den Amoklauf ebenfalls verarbeiten.
Am 22. Juli erschoss David S. in einer McDonalds-Filiale gegenüber des Münchener Olympia-Einkaufszentrums (OEZ) mehrere Menschen und setzte seinen Amoklauf anschließend vor dem Schnellrestaurant und dann im OEZ fort. Sechs Jugendliche und drei Erwachsene verloren das Leben. Nach zweieinhalb Stunden wurde der Täter von der Polizei gestellt, er erschoss sich selbst mit seiner Pistole.
Benet und seine Freunde hatten sich in dem Schnellrestaurant gegenüber des OEZ aufgehalten, als der Täter seinen Amoklauf begann. Benet erlitt neben einem Lungenschuss auch einen Kopfschuss. Seine drei Freunde sind tot. Auch zwei Mädchen, die mit Benet und seinen Freunden am Tische saßen, zählen zu den Opfern. Benet ist außer Lebensgefahr, muss aber weiterhin im Krankenhaus behandelt werden. Weitere Operationen stehen ihm bevor. An den Tathergang kann sich Benet genau erinnern.
Einige Mitarbeiter der Saniplus-Apotheke waren nach der Tat traumatisiert und konnten vorerst nicht zur Arbeit kommen. Hilfe gibt es von den Behörden: Zuerst war das Kriseninterventionsteam der Polizei vor Ort. Die Angestellten in allen anliegenden Geschäften im Einkaufszentrum wurden gefragt, ob sie Hilfe benötigen. Später kamen auch Vertreter der Berufsgenossenschaft, um psychologischen Beistand zu leisten. Das Team der Apotheke habe diese Hilfe von außen sehr positiv bewertet, berichtet Arndt Lauterbach, der Mann von Inhaberin Birgit Lauterbach.
Im Team der Apotheke gibt es nach wie vor kein anderes Thema. Vor allem die Sorge um Benet ist groß, aber auch das persönliche Erleben des Amoklaufs wird viel diskutiert. Gelegenheit dazu gibt es öfter, da viele Kunden das OEZ nach wie vor noch meiden. Bis sich die Situation in München wieder gänzlich normalisiert hat, wird die Apotheke viele Kunden verlieren. Das sind die wirtschaftlichen Folgen des Amoklaufs.
Die SaniPlus-Apotheke im OEZ von Inhaberin Birgit Lauterbach sammelt weiter Spenden für Benet und seine Familie. Gestern wurde ein neues Treuhandkonto bei einem Rechtsanwalt eingerichtet, um die Spenden abzuwickeln:
Rechtsanwalt Marian Schindler
Postbank München
KontoNr: DE 96 7001 0080 0786 3988 04
BIC: PBNKDEFF
Stichwort: Benet/Beihilfe
Benet wurde gestern wieder operiert, der Oberkiefer müsse nun aber erst einmal etwas abheilen, berichtet Lauterbach. Das linke Auge werde noch Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Der Lungenschuss verheile anscheinend ganz gut. Benet hat einige Zähne verloren und der von der Kugel zertrümmerte Oberkiefer wird auch in Zukunft vermutlich noch des Öfteren operiert werden müssen. Die Implantate müssen an den wachsenden Kopf angepasst werden.
Die große Anteilnahme gibt der Familie Kraft. Da die Eltern vor allem in der kritischen Phase nur mit der Sorge um ihren Jungen beschäftigt waren, haben sie von dem Spendenaufruf zunächst gar nichts mitbekommen. „Die Hilfsbereitschaft auf direkter zwischenmenschlicher Ebene ist weiterhin überwältigend“, so Lauterbach. Der Sammler Michael K. versteigerte zu Benets Gunsten drei originale Spielertrikots des FC Bayern München und spendete den Erlös von mehr als 1000 Euro. Insgesamt ist über verschiedene Spendenaktionen ein deutlich fünfstelliger Betrag zusammengekommen. Das Geld soll Benet eine bestmögliche Behandlung ermöglichen.
Und es gibt mehr als Geldspenden: Tanja S. lädt Benets Familie in die Ferienwohnung auf eine Nordseeinsel ein, Stefanie T. desgleichen auf Mallorca. Der Sanitäter Markus W., der Benet mit seinem Rettungswagen ins Krankenhaus brachte, hat eine Spendenaktion rund um den Münchner Josephsplatz durchgeführt. Etliche Apotheken, die Großhändler und Industriepartner haben sich Lauterbach zufolge beteiligt. Über den online Spendenaufruf unter www.leetchi.com/c/benet hätten sich bereits rund 80 Spender gefunden.
Benet und seine Familie stehen Lauterbach zufolge weiterhin unter den Eindrücken des Amoklaufs. „Die umwerfende Anteilnahme und Unterstützung helfen der Familie, dass Benet wieder vollständig genesen wird. Dafür möchten wir uns sehr herzlich auch im Namen von Benets Familie bedanken“, so Lauterbach.
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