Nach Apothekenschließung nun Ärztehaus geplant Eugenie Ankowitsch, 03.03.2018 09:28 Uhr
Vor nicht einmal einem Jahr hat die Apothekerin Bettina Colombo-Egerer ihre Sankt-Georg-Apotheke im bayerischen Hebertshausen aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Nun verkündete der Bürgermeister, dass im Ortszentrum ein barrierefreies Ärztehaus mit Praxen und Apotheken entstehen soll. Er ist überzeugt, dass es ihm gelingt, Ärzte in den Ort zu locken. Ein Optimismus, den Colombo-Egerer nicht teilt.
Um die medizinische Versorgung der Bürger zu sichern, will die Gemeinde Herbertshausen den Bau eines Ärztehauses fördern. Auf einem zentralen Grundstück mitten im Dorf soll neben Wohnhäusern auch ein barrierefreies Gebäude entstehen mit Platz für vier Arztpraxen auf zwei Etagen sowie eine Apotheke im Erdgeschoss. Zwar gibt es noch keine konkreten Baupläne, wie der Bürgermeister Richard Reischl zugab. Dennoch sei er überzeugt, dass das Vorhaben „zügig“ vorankomme.
Die ehemalige Hebertshauser Apothekerin Colombo-Egerer sieht das Projekt nicht ganz so optimistisch. Sie geht sogar noch weiter und meint, dass es „kaum Zukunft“ hat. Ihrer Ansicht nach ist es unrealistisch, dass die vier geplanten Arztpraxen besetzt werden können. Problematisch sei hier vor allem die Nähe zur Kreisstadt Dachau mit zwölf Apotheken, einem MVZ und allen Fachärzten der Region. „Viele Menschen fahren zur Arbeit, zum Einkaufen oder zu den Ärzten in die Stadt und gehen auch dort in die Apotheken”, erklärt die Pharmazeutin, die in Dachau im Kaufland-Supermarkt und in Eching im Rewe-Markt jeweils eine Apotheke betreibt, die Rahmenbedingungen.
Ein weiteres Problem ist die fehlende Infrastruktur im Ort. So gebe es dort bereits seit 2016, nachdem ein Lebensmittelgeschäft geschlossen wurde, lediglich einen Bäcker und einen Metzger. „Der Bürgermeister ist zwar sehr engagiert, aber am Beispiel der Nachfolgersuche für die Praxis meines Mannes, der als Hausarzt in Hebertshausen praktiziert, kann man sehen, dass es sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich wird”, sagte sie. „Dennoch wünsche ich ihm viel Erfolg. Ich wäre die Erste, die es dann wieder mit einer Apotheke in Hebertshausen probieren würde.“
Die Gemeinde muss aktiv werden, dessen ist sich auch der Bürgermeister bewusst. Reischl weiß, dass Ärzte und Apotheker nicht mehr so selbstverständlich zum Dorf gehören, wie es früher einmal üblich war. Erste positive Gespräche habe er schon mit Medizinern geführt, die an einer Niederlassung in Hebertshausen interessiert seien. Der Zeitpunkt sei günstig wie nie. Denn aktuell gilt der Landkreis nach dem jüngsten Beschluss des zuständigen Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Bayern nicht mehr wie bisher als überversorgt im Bereich der Allgemeinmedizin. Die Folge: „Für interessierte Ärzte ergeben sich neue Zulassungsmöglichkeiten, vielleicht gleich in Hebertshausen."
Dabei hofft der Bürgermeister auch auf die Anziehungskraft der modernen Praxisräume. Durch einen Neubau hätten Ärzte sogar die Möglichkeit, an der Gestaltung ihrer Praxen mitzuwirken. Das Grundstück in der Ortsmitte gehöre zwar nicht der Gemeinde, sagte Reischl. Allerdings kann sich der Rathauschef vorstellen, dass die Gemeinde das fertige Ärztehaus übernimmt. „Dann können wir die Nutzung und auch die Mieten besser steuern“, sagte er.
Die Hebertshausener Idee eines gemeindlichen Ärztehauses ist kein Novum im Landkreis, es gibt bereits ähnliche Konzepte. So eröffnete 2013 Odelzhausen am Marktplatz ein medizinisches Versorgungszentrum, auch in Bergkirchen gibt es im gemeindlichen Bruggerhaus neben Volkshochschule und Bücherei eine Arztpraxis. In Hebertshausen hofft der Gemeinderat nun, an diese Vorbilder anknüpfen zu können. Ein grundlegendes Konzept gibt es bislang jedoch nicht. Wie das Gebäude gestaltet wird, wo im Umfeld ausreichend Parkplätze angeordnet werden können, wie die Erschließung erfolgen soll: All diese Fragen muss nun die Planung beantworten. Die könnte bis Ende des Jahres stehen, hofft Reischl. 2019 soll dann gebaut werden.