Nach Antibiotikum: Frau bekommt Haarzunge APOTHEKE ADHOC, 17.09.2018 14:41 Uhr
Ein Risiko für Nebenwirkungen bei der Einnahme von Arzneimitteln gibt es immer, manchmal sind sie ungefährlich, aber unästhetisch. Diese Erfahrung musste nun eine 55-jährige Frau machen, denn nach der Behandlung mit zwei verschiedenen Antibiotika bekam sie eine schwarze, behaarte Zunge.
Die Frau hatte bei einem Autounfall in den USA schwere Quetschverletzung an beiden Beinen erlitten und wurde stationär aufgenommen. Es entwickelte sich eine polymikrobielle Wundinfektion. Die Ärzte verabreichten ihr intravenöses Meropenem, zudem sollte sie Minocyclin-Tabletten schlucken. Innerhalb einer Woche nach Beginn der Behandlung beobachtete sie eine schwarze Verfärbung ihrer Zunge. Sie klagte außerdem über Übelkeit und einen schlechten Geschmack in ihrem Mund. Das geht aus einem Fallbericht im „The New England Journal of Medicine” hervor.
Die Mediziner haben vermutet, dass die sogenannte schwarze Haarzunge eine Folge der Behandlung mit dem Tetracyclin Minocyclin war. Ein Blick in die Fachinformationen verrät, dass diese Nebenwirkung tatsächlich gibt, aber die Häufigkeit „nicht bekannt ist”. Bei Meropenem, ein Antibiotikum aus der Gruppe der Carbapeneme, ist die unerwünschte Arzneimittelwirkung ist sie nicht gelistet. „Die schwarze behaarte Zunge ist ein gutartiger Zustand, der durch Hypertrophie und Dehnung filiformer Papillen auf der Zungenoberfläche gekennzeichnet ist, mit bräunlich-schwarzer Verfärbung”, erklären die Ärzte. Aber auch andere Faktoren wie schlechte Mundhygiene, Tabakrauch oder die Verwendung irritierender Mundwässer könnten ein Grund dafür sein.
Eine schwarze, behaarte Zunge ist zwar optisch störend, hat aber keine gesundheitsschädlichen Effekte. Der Zustand ist normalerweise reversibel und hat keine Langzeitfolgen. Betroffene sollen in diesem Fall den Auslöser absetzen und auf eine gute Mundhygiene achten. Die Ärzte haben bei der Frau Minocyclin abgesetzt und danach eine alternative antimikrobielle Therapie begonnen. Innerhalb von vier Wochen nach Beendigung der Minocyclin-Gabe hatte die Zunge der Frau wieder ihre ursprüngliche Farbe erreicht.
Kürzlich berichtete die Künstlerin Gina de Nuccio über erhebliche Nebenwirkungen, nachdem sie mit Ciprofloxacin ihre Blasenentzündung behandeln sollte. Binnen 48 Stunden nach Einnahme traten unerwünschte Nebenwirkungen auf: „Ich hatte immer noch starken Durchfall, bekam schlimme Schmerzen in allen Gelenken, konnte kaum noch laufen und hatte Herzrasen“, so de Nuccio. Mehr als drei Monate hatte sie mit Gelenkschmerzen und einer Entzündung der Achillessehne zu kämpfen.
Sechs Tabletten insgesamt habe sie eingenommen. Doch die Auswirkungen beschäftigten sie bis heute. Vor Kurzem erst sei die Entzündung der Achillessehne abgeklungen. Die Beschwerden hätten sie ihren Teilzeitjob als Haushälterin gekostet. Auch an ihre eigentliche Passion, die Kunst, sei nicht zu denken gewesen. „Ich konnte mich ja kaum bewegen. Und in meinem Atelier in Bielefeld, in dem ich auch alte Möbel restauriere, konnte ich auch lange nichts tun.“
Nebenwirkungen wie sie de Nuccio zu beklagen hatte, sind bereits bekannt: Die als Breitband-Antibiotika verwendeten Fluorchinolone wie Ciprofloxacin, aber auch Norfloxacin, Enoxacin, Ofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin führen unter Umständen zu bleibenden Beeinträchtigungen. Dokumentiert sind Sehnenschäden in Form von Entzündungen oder Rissen. Besonders gefährlich ist die Ruptur der Achillessehne. Ältere Patienten ab dem 60. Lebensjahr haben ein erhöhtes Risiko. Die unerwünschte Arzneimittelwirkung kann – wie bei der 53-Jährigen – bereits wenige Stunden nach der Einnahme auftreten oder bis zu vier Wochen nach Therapieende.