Museumsapotheke an der Ostsee Eva Bahn, 31.08.2019 13:14 Uhr
Alte Apotheken sind immer faszinierend, besonders für Apothekenmitarbeiter. Doch auch Fachfremde geraten ins Staunen, wenn sie die vielen verschiedenen Standgefäße sehen, mir denen zu früheren Zeiten gearbeitet wurde. Wer den eigenen Arbeitsplatz während der Urlaubszeit zu sehr vermisst und an der Ostsee Urlaub macht, dem kann ein Besuch im Freilichtmuseum Molfsee weiterhelfen.
Das Apothekenmuseum in Heidelberg ist vielen Pharmazeuten und PTA ein Begriff. Doch wer kennt die Museumsapotheke in Molfsee? Das Gebäude wurde nach einem reetgedeckten Haus im ostholsteinischen Cismar rekonstruiert. Anlass war die Schenkung einer Offizin aus Lunden in Dithmarschen. Apotheker Clausen aus Sønderburg war der erste Besitzer dieser Apotheke. Das Privileg, diese führen zu dürfen, erkaufte er sich vom dänischen König Christian VIII für 3200 Reichstaler, die heute etwa einem Betrag von 60.000 Euro entsprechen.
Das Geld dafür musste er sich zunächst borgen, was an vielen Schuldverschreibungen zu sehen ist, die den Treppenaufgang des Hauses säumen. Die Offizin ist komplett aus Mahagoni gefertigt und es gibt aufwändige Intarsienarbeiten im Holz zu entdecken. Hier wurde noch bis ins Jahr 1970 ganz regulär gearbeitet. Zu sehen sind ein Büro, das auch als Nachtdienstzimmer diente, die Offizin, eine Gerätekammer, ein Labor und eine Rezeptur. Die Räumlichkeiten stammen nicht alle aus derselben Apotheke, jedoch sind sie alle etwa gleich alt.
Vor dem Haus ist ein wunderschön angelegter Apothekergarten zu bewundern, durch den auch Führungen für interessierte Besucher angeboten werden. Der Garten wurde nach einem schleswig-holsteinischen Arzneibuch aus dem Jahre 1831 sowie dem Entwurf einer Apothekenordnung von 1846 angelegt. Nach Anwendungsgebieten sind die Pflanzen in sieben Quartiere eingeteilt, nämlich in Atmung, Nerven, Blase/Niere, Herz/Kreislauf, Magen/Darm/Leber/Galle, Verschiedenes und Haut. Diese Abteilungen sind zum Windschutz und zur Zierde mit Buchsbaumhecken eingefasst. Es wird darauf hingewiesen, dass früher viele Apotheker ihre eigenen Arzneipflanzen zur Herstellung von Medizin selbst anbauten.
Interessanterweise befindet sich die Stößerkammer, in der früher alle Teedrogen verarbeitet wurden, in einem separaten Raum. Genau wie es heute die Apothekenbetriebsordnung fordert, war sie also abgetrennt von der Rezeptur, in der Cremes gemischt oder Tabletten hergestellt wurden. Gelagert wurden die verschiedenen Kräuter dagegen in der Rezeptur. Zahlreiche beschriftete Schübe und Standgefäße lassen die Zuschauer über die Vielfalt der Heilkräuter staunen, die noch vor gar nicht allzu langer Zeit zur Anwendung kamen.
Die Rezeptur steht abgetrennt von der Offizin und zeigt alle Gerätschaften, die damals zur Anwendung kamen. Eine Kapselfüllmaschine, einen automatischen Salbenrührer oder ein Wasserbad sucht man hier vergebens. Dafür ist ganz klassisch ein Mörser mit Pistill zu sehen, eine Salbenschale, eine Waage und ein Pillenbrett aus Holz. Auch ein abschließbarer Giftschrank für die stark wirksamen Medikamente oder Rezeptursubstanzen findet sich in diesem Raum.
Das Labor als separates Zimmer wirkt ebenso antiquarisch. Es stammt aus der Hamburger Wohlgemuth-Apotheke. Trotz der verstaubten Erlenmeyerkolben, Büretten und Analysenaufbauten kann man sich sehr gut vorstellen, wie damals dort gearbeitet wurde – lange vor der Zeit der Nahinfrarotspektrometer. Wer also etwas für die Arbeit in den Apotheken vergangener Zeiten übrig hat, dem kann zu einem Besuch im Freilichtmuseum Molfsee nur geraten werden. Besonders die Führungen sind interessant, bei denen man sowohl die Offizin als auch den Apothekergarten betreten darf.