Mund nachts abkleben

Mouth Taping: Neuer Trend soll Schlaf verbessern Sandra Piontek, 23.03.2024 09:09 Uhr

Beim „Mouth Taping“ soll das Abkleben des Mundes die Nasenatmung fördern. Foto: michaelheim-stock.adobe.com
Berlin - 

Wird der Mund nachts zugeklebt, soll dies den Schlaf signifikant verbessern. Der neue Trend sorgt unter dem Namen „Mouth Taping“ in den sozialen Medien aktuell für einen Hype. Die so erzwungene Nasenatmung soll auch das Immunsystem stärken. Was bringt das wirklich?

Gesunder Schlaf ist eine wesentliche Vorraussetzung für ein starkes Immunsystem und die Leistungsfähigkeit des Körpers. Ein neuer Trend soll per erzwungener Nasenatmung für eine verbesserte Nachtruhe sorgen. Werden vor dem Zubettgehen die Lippen mit einem Pflaster oder Klebeband zugeklebt, werde unter anderem das Schnarchen verhindert und Anwender:innen sollen sich fitter und ausgeruhter fühlen. Denn: Durch die Nase atmen ist generell gesünder.

„Das Atmen durch die Nase ist grundsätzlich positiv. Die Luft wird beim Einatmen erwärmt und befeuchtet. Gleichzeitig wird sie durch die feinen Härchen in der Nase gereinigt. Die in der Nasenschleimhaut sitzenden Immunzellen bilden als Reaktion auf Staub, Erreger und Pollen Antikörper und stärken so die körpereigene Abwehr“, so Dr. Utta Petzold, Medizinerin bei der Barmer. Wird hingegen nachts durch den Mund geatmet ,könne dass das Eindringen von Krankheitserregern begünstigen, so die Expertin.

Durch das Austrocknen des Rachens werde wiederum die Abwehrleistung der Schleimhaut geschwächt. „Wer im Schlaf überwiegend durch den Mund atmet, merkt dies nach dem Aufwachen oft an einem trockenen Mund und Rachen. Auch Schnarcher und Schnarcherinnen atmen überwiegend durch den Mund“, so Petzold. „Aber sollte man sich deshalb nachts die Lippen zukleben?“

Selbstmaßnahme nicht empfehlenswert

Gesunde, nicht erkältete Menschen atmen in der Regel nachts ohnehin durch die Nase. „Manchmal auch etwas durch den Mund. Das ist ganz normal“, erklärt die Medizinerin. „Wer Probleme mit der nächtlichen Atmung hat oder sogar unter Schlafstörungen leidet, sollte unbedingt der Ursache auf den Grund gehen und ärztlichen Rat einholen“, rät Petzold. Es sei sinnvoll Schlafprobleme individuell zu betrachten, da viele Ursachen zugrunde liegen können. „Man sollte deshalb nicht versuchen, sie mit Selbsthilfemaßnahmen wie Mouth Taping zu lösen“, so die Expertin.

Mehr noch: „Die Methode hat zudem aus wissenschaftlicher und schlafmedizinischer Sicht bisher keinerlei Nutzen nachweisen können“, so Petzold. Zudem gibt sie Entwarnung: „Ersticken kann man durch den mit einem Pflaster zugeklebten Mund nicht. Die Selbsterhaltungssysteme des Körpers sorgen dafür, dass man wach wird oder den Mund so stark öffnet, dass sich das Pflaster löst.“ Aber Achtung: „Vorher kommt es zu einem bedenklichen Abfall des Sauerstoffgehalts im Blut, weshalb das Selbsterhaltungssystem überhaupt erst anspringt. Und das kann auf Dauer gesundheitsschädlich wirken“, appelliert sie.