Russland

Täglich 200 HIV-Infektionen

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Moskau -

In Russland steigt die Zahl der HIV-Infektionen nach Angaben der Gesundheitsbehörden alarmierend an. Bis Ende des Jahres 2015 rechnen die Experten mit etwa einer Million registrierter Ansteckungen. Im Moment kämen täglich mehr als 200 Neuinfektionen hinzu, teilten Mediziner mit. Derzeit gibt es den Angaben zufolge 860.000 registrierte HIV-Infektionen. Die Experten erwarten, dass die Gesamtzahl der mit dem Aids-Erreger angesteckten Menschen pro Jahr weiter um rund 10 Prozent steigt. Die Dunkelziffer gilt als deutlich höher.

Vor allem Frauen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren seien von den Neuansteckungen betroffen – etwa 100 infizierten sich pro Tag, sagte der Leiter des föderalen Zentrums zum Kampf gegen Aids, Dr. Wadim Pokrowski. Bei der Risikogruppe der Homosexuellen sei in diesem Jahr ein Zuwachs von lediglich etwa 1 Prozent verzeichnet worden. Homosexualität wird in Russland weitgehend tabuisiert.

In Russland fehle es vor allem an Medikamenten, um Infizierte frühzeitig zu behandeln, sagte Pokrowski. Nur 175.000 Bedürftige erhielten derzeit Arzneimittel. Diese Zahl müsse dringend verdoppelt werden, sagte der Mediziner. „Dann würde die Schärfe des Problems abnehmen.“ Pokrowski nannte den Anstieg „rasend schnell“. Bisher würden vor allem Schwerkranke versorgt.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte kürzlich auf die prekäre Lage in Russland hingewiesen. Allein 2013 wurden von den europäischen Ländern einschließlich Russland insgesamt 136.235 neue HIV-Infektionen registriert. Fast 80.000 dieser Neuansteckungen entfielen demnach auf Russland.

In Deutschland leben nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) Ende 2013 rund 80.000 Menschen mit HIV oder Aids. Darunter waren etwa 65.000 Männer, rund 15.000 Frauen und etwa 200 Kinder unter 15 Jahren. An der Krankheit starben im vergangenen Jahr demnach rund 550 Menschen.

Neu mit dem Aids-Erreger infiziert haben sich 2013 in Deutschland laut RKI rund 3200 Menschen, davon 2700 Männer. Die Zahl der Neuinfektionen pro Jahr ist seit 2006 relativ konstant. Von 2000 bis 2005 war sie noch deutlich gestiegen.

Das HI-Virus wird vor allem durch ungeschützten Geschlechtsverkehr und infizierte Injektionsnadeln übertragen. Ausbruch und Symptome von Aids lassen sich mit sogenannten antiretroviralen Medikamenten bekämpfen. Eine Heilung der Immunschwächekrankheit ist noch nicht möglich.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gab in Berlin den Startschuss für eine groß angelegte Aufklärungskampagne. „Positiv zusammen leben“ – unter diesem Motto sollen Unsicherheiten im Umgang mit HIV-Infizierten beseitigt werden. „Die Kampagne ist ein Appell, HIV-positive Menschen nicht auszugrenzen“, erklärte Gröhe. Man wolle bestehende Ängste aufgreifen und durch verbesserte Information einen offeneren Umgang mit den Infizierten fördern.

Das Gesundheitsministerium führt die Kampagne gemeinsam mit der Deutschen Aids-Hilfe, der Deutschen Aids-Stiftung und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) durch. Eine aktuelle Studie der BZgA ergab, dass zwar 85 Prozent der Deutschen mit einem HIV-Positiven in die Kantine gehen würden; doch nur jeder Zweite würde einen Infizierten küssen. Dabei gebe es in beiden Situationen kein Ansteckungsrisiko – auch darauf will die neue Kampagne hinweisen.

Deutschlands Ärzte rufen ebenfalls zu einem vorurteilsfreien Umgang mit den Betroffenen auf. „Etliche Ängste vor einer HIV-Übertragung im Alltag sind unbegründet“, betonte der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, Professor Dr. Dietmar Oesterreich.

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