Von wegen „der Gärtner war der Mörder“: Am Sonntagabend wurden die Krimi-Experten unter den Couch-Potatoes beim Tatort aus Münster Lügen gestraft. Im Westfälischen war der Mörder kein Gärtner, sondern wieder der Apotheker. Und eines der Opfer auch. Die Durchsicht der Tatort-Drehbücher zeigt: Apotheker sind ziemlich beliebt – als Opfer wie als Täter. Und manchmal auch nur als Statisten.
Tatort-Fans wissen längst, dass die Geschichte des mit Abstand beliebtesten deutschen Krimi-Formats deutlich langweiliger ohne die Zugabe von Apothekern wäre. In diesem Jahr gab es bereits zwei spektakuläre Folgen mit meuchelnden Pharmazeuten; beide gleichsam ein wenig bedauernswerte Bösewichte. Bis ins Jahr 1978 und den Tatort „rot... rot... tot“ reicht die Symbiose von Tatort und Pharmazie zurück.
Mehr als 13 Millionen TV-Zuschauer sahen am vergangenen Sonntag in der ARD den Tatort „Mord ist die beste Medizin“ mit Kommissar Thiel (Axel Prahl) und dem Pathologen Professor Dr. Boerne (Jan-Josef Liefers). Das Münsteraner Duo, das die Tatort-Liebhaber wegen der kruden Kombination aus Klamauk und Krimi spaltet, hatte einen Plot mit aktuellem Bezug. Es ging um gefälschte beziehungsweise verdünnte Zytostatika-Lösungen in einem Münsteraner Krankenhaus. Ob der Titel in Anlehnung an die jahrelange Kampagne des Pharmaverbands VFA (Forschung ist die beste Medizin) entwickelt wurde, ist nicht bekannt.
Eine Ärztin war dem Treiben eines dubiosen Arzneimittelhändlers und seines Komplizen in der Krankenhaus-Apotheke auf die Spur gekommen und hatte den Klinikapotheker des nicht weit entfernten Uni-Klinikums zur Überprüfung der Zytostatika-Lösungen eingeschaltet. Der Mann erkannte die Panscherei und wurde auf dem Weg der Aufklärung eiskalt gemeuchelt. Natürlich unter Einsatz einer nicht nachweisbaren Substanz.
Unter einer Decke steckten die ambitionierte, Kosten-optimierende Klinikchefin, der dubiose Arzneimittelhändler mit Luxus-Karosse und der BTM-abhängige Krankenhausapotheker, der im Wahn vom braven Pharmazeuten zum derben Mörder mutierte und auf diesem Weg auch noch eine allzu neugierige Onkologin aus dem Weg räumte.
In Münster wurde der böse Pharmazeut jedenfalls mit Hilfe eines zehnjährigen Mädchens schließlich aus dem Verkehr gezogen und die Geschichte nahm ein gutes Ende. Inklusive ein paar Botschaften rund um die Preisbildung der Pharmahersteller, Arzneimittelfälschungen und die Untiefen der Krebstherapie.
Wenige Monate zuvor, in Tatort-Folge 910 „Am Ende des Flurs“, hatten die beiden Münchner Ermittler Leitmayr und Batic einen ihrer bislang besten Auftritte. In der Story geht es auch um die Beziehung von Kommissar Leitmayr zu einer jungen Frau, die anscheinend ermordet wird. Es stellt sich heraus, dass sie mit zahlreichen finanziell gut situierten Männern verkehrte, die einer nach dem anderen unter Verdacht geraten.
Der Film nimmt zum Ende hin eine überraschende Wendung, als die parallelen Untersuchungen der beiden Ermittler zu Margot Höllerer führen, eine unscheinbaren Nachbarin und Freundin des Opfers. Frau Höllerer ist von Beruf Apothekerin. Sie hat die Morde an Leitmayrs Flamme wegen unerwiderter Liebe begangen und zudem einen unbequemen Mitwisser ziemlich brutal beseitigt.
In der Schlussszene sticht die Pharmazeutin Leitmayr mit einem Messer nieder. Der Film endet mit der Anfahrt eines Rettungswagens, während Batic am leblosen Leitmayr erste Hilfe leistet. Der Bayerische Rundfunk lässt den Kommissar überleben und löst dessen Rettung zwei Wochen später im Internet auf.
Schon in seinen Anfängen bediente sich der „Tatort“ bei den Pharmazeuten: Bereits 1978 ging es, wenn auch nur am Rande, um eine Apothekerin. Im Tatort „rot... rot ...tot“ widmeten sich die Stuttgarter Ermittler aber weniger der Apothekerin als dem mutmaßlichen Täter, einem Versicherungsmathematiker, gespielt von keinem Geringeren als Curd Jürgens.
Der Apotheker Schnegg tauchte nur zwei Jahre später, 1980, in Tatort-Folge 109 auf. Und dort auch nur deshalb, weil es um geklaute Opiate ging und um eine ermordete Apothekenangestellte. Dieser Tatort landete übrigens im sogenannten Giftschrank des Senders, damals des Südwestfunks (SWF). Denn nicht nur nach Ansicht der Experten von www.tatort-fans.de ist „Der gelbe Unterrock“ womöglich „eine der schlechtesten Tatort-Folgen, die bis heute ausgestrahlt wurden“. Sie wurde nur ein einziges Mal ausgestrahlt und wird voraussichtlich nicht wiederholt.Auch in weiteren Tatort-Folgen waren immer wieder Apothekerinnen und Apotheker zu sehen. Überhaupt sind Arzneimittel, Betäubungsmittel oder Drogen gern genommene Anlässe und Nebenschauplätze in der erfolgreichen Krimi-Reihe. Und das gotische Apotheken-A ist ohnehin in fast jeder Folge zu sehen.
Für Tatort-Apotheker-Fans hier die interessantesten Folgen mit pharmazeutischer Beteiligung: Usambaraveilchen (ausgestrahlt 1981, Folge 123), Freiwild (1984, 154), Schneefieber (1996, 326), Bienzle und der Tod im Teig (2003, 525), Der schwarze Troll (2003, 533), Todesbande (2004, 556), Nicht jugendfrei (2004, 578), Edel sei der Mensch und gesund (2011, 796), Am Ende des Flurs (2014, 910) und schließlich Mord ist die beste Medizin (2014, 917).
APOTHEKE ADHOC Debatte