Apotheke vor Ort ist online stark Katharina Lübke, 26.07.2014 10:00 Uhr
Immer mehr Menschen nutzen Apps – eigentlich ein klassisches Metier der „Onliner“ unter den Apotheken. Tatsächlich scheint die Apotheke vor Ort den Versandapotheken voraus zu sein und mobile Anwendungen für sich zu nutzen: Zwei Apotheker haben eine eigene App entworfen, die sogar schon einen Preis gewonnen hat. Am häufigsten genutzt wird die Anwendung „Apotheke vor Ort“ vom Wort & Bild Verlag. Die Versandapotheken agieren noch etwas verhaltener.
Die bayerischen Apotheker Thomas Riedrich und Tobias König haben ihre App „CallMyApo“ genannt. Eine Hauptmotivation sei gewesen, dass Medikamente, etwa wegen der Rabattverträge, immer häufiger nicht vorrätig seien. Viele Kunden würden deshalb telefonisch vorbestellen, das sei aber fehleranfällig. „Die halbe Welt kommuniziert mit Smartphones. Da dürfen wir Apotheker den Anschluss nicht verpassen“, so König.
Patienten können mit „CallMyApo“ Fotos von Rezepten oder Medikamenten zur Vorbestellung in ihre Apotheke schicken oder Text- und Sprachnachrichten hinterlassen. Dabei sei die Bedienung so einfach gehalten wie möglich. „Mit nur drei Klicks schicken Sie eine Bestellung ab“, so König.
Bei jeder eingehenden Bestellung ertönt am Rechner in der Apotheke ein akkustisches Signal. „Die App entspannt den Betrieb im Back-Office extrem“, sagt König. Denn im Gegensatz zu einem Anruf müssen man nicht gleich alles stehen und liegen lassen. Der Kunde soll unmittelbar Rückantwort erhalten, wann der gewünschte Artikel abholbereit ist.
500 mal hätten Kunden bislang bei König über die App bestellt. Die älteste „mobile“ Kundin sei 75 Jahre alt. Für „CallMyApo“ haben die Apotheker bei dem von der Kohlpharma-Tochter Avie ausgeschriebenen Deutschen Apothekenpreis den dritten Platz erhalten.
Apotheken müssen sich zur Teilnahme registrieren, bevor Kunden bestellen können. Einen Monat lang können Apotheker kostenlos testen, danach fallen Gebühren an. Die Nutzung des Service kostet einmalig 900 Euro und weitere 600 Euro für einen Zeitraum von fünf Jahre. Bislang sind laut König 15 Apotheken dabei, größtenteils in Oberbayern, vier in Niedersachsen.
Auf den Plattformen „Playstore“ von Google und „Appstore“ von Apple muss man nach „CallMyApo“ noch suchen. Da die Anwendung bislang relativ selten heruntergeladen wurde, erscheint sie weit hinten in der Liste.
Da spielt die App „Apotheke vor Ort– Meine Stammapotheke“ vom Wort & Bild Verlag in einer anderen Liga. Schon seit 2011 sollen Kunden mit dem mobilen Angebot an eine lokale Apotheke gebunden werden. Arzneimittel lassen sich direkt über das Smartphone vorbestellen. Laut Verlag ist derzeit mehr als jede zweite niedergelassene Apotheke dabei. Anfangs zahlten diese 33 Euro im Monat. Zu den aktuellen Konditionen wollte sich der Verlag nicht äußern, dem Vernehmen nach werden die Kosten über das Abonnement der Apotheken-Umschau geregelt.
Die App zeigt außerdem die nächstgelegene dienstbereite Apotheke. Zusätzlich gibt es eine Medikationsliste, einen Wechselwirkungscheck und Beipackzettel zu mehr als 77.000 Arzneimitteln. Der Scanner erkennt Arzneimittel und kann detaillierte Informationen über jedes Medikament abrufen. Inklusive sind zudem Gesundheits-News, ein Heilpflanzen- und Laborwerte-Lexikon. Allein im „Playstore“ wurde die App mehr als 500.000 mal heruntergeladen.
Auch Bestelldienste tummeln sich im App-Markt: Bei Ordermed lässt sich per Handy das Rezept beim Arzt und das Medikament in der Apotheke vorbestellen. Mehr als 1000 mal wurde die Anwendung bei Google heruntergeladen. Für Apotheken kostet die Mitgliedschaft bei Ordermed 53 Euro pro Monat. Außerdem werden 35 bis 50 Cent für jede Arzneimittel-Bestellung fällig, die ein Kunde online auslöst.
Pillentaxi hat noch keine mobile Anwendung, das muss aber nicht so bleiben: „Wir programmieren gerade eine neue Seite für Endkunden. Da ist eine App-Entwicklung zur reinen Information und zum Finden der nächstgelegenen Pillentaxi-Apotheke durchaus Gesprächsgegenstand“, so ein Sprecher.
Viele Versandapotheken halten sich dagegen noch zurück: Die Deutsche Internetapotheke etwa beobachtet den Markt noch: „Momentan ist es aus unserer Erfahrung so, dass Arzneimittel in der Regel über stationäre Rechner beziehungsweise Tablets bestellt werden“, sagt ein Sprecher. Auch die Versandapotheken easy-apotheke und Apo-Rot setzen noch nicht auf mobile Anwendungen.
Sanicare kommt ebenfalls ohne App aus, die Nachfrage sei gering, sagt eine Sprecherin. Jedoch sieht die Versandapotheke die mobilen Anwendungen langfristig als eine Möglichkeit für Entwicklungspotenziale. DocMorris arbeitet derzeit an einer App, die in diesem Jahr auf den Markt kommen soll. Die „Mobile Pharmacy“ soll unter anderem ein persönliches Kundenkonto, ein Medikationsmaganement und Kontakt zum Apotheker bieten. Der Pharmazeut soll über Chat oder Video befragt werden können.
Einige Versandapotheken bieten Apps schon jetzt an, die werden aber vergleichsweise wenig genutzt. Die beliebtesten darunter sind mit bislang jeweils mehr als 10.000 Downloads die Apps von Mycare, Medpex und Apodiscounter. Schon seit 2011 hat Mycare seinen mobilen Service auf dem Markt. Aus einem Sortiment von 50.000 OTC-Artikeln können Nutzer bestellen und Informationen zu Beipackzetteln einsehen. Die Scan-Funktion der App stieß bei Nutzern auf Kritik.
Bei Medpex, mit eigener App seit 2013 auf dem Markt, lassen sich auch Rx-Arzneimittel bestellen. Die App bietet außerdem Anwendungshinweise und Informationen zu Nebenwirkungen. Außerdem gibt es eine Scan- und eine Merkzettelfunktion.
Ebenfalls seit 2011 ist die App Apodiscounter auf dem Markt, die unter anderem mit Lieferung innerhalb von 24 Stunden wirbt. Bei der Bio-Apotheke, die ebenfalls über eine App verkauft, überlegt man derweil, die Website auf das sogenannte „responsive design“ umzustellen. Damit passt sich die Seite entsprechend jeder Bildschirmgröße an. Die mobile Anwendung würde dann wieder eingestellt.