„Dann muss man sich halt anders helfen“

Mitglieder verteidigen Rx-Flohmarkt

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Berlin -

Die Anzeige der Freien Apothekerschaft (FA) kam bei den knapp 300 Mitgliedern des Rx-Flohmarktes auf Facebook zwar nicht gut an, verhallte aber im Gros schnell wieder. Nutzerinnen und Nutzer argumentieren nach wie vor, sie wollten einander helfen – dabei wird weiterhin ungeniert mit Ritalin, Lorazepam & Co. in rauen Mengen gedealt.

Sorgen von Userinnen und Usern, die Gruppe wegen medialen Aufsehens auf privat zu schalten, sind genau so schnell wieder verhallt wie die Diskussion um die Anzeige der FA – mit einer Ausnahme. Unter einem Post sammelte sich Gegenwehr aus den Reihen der Dealenden und Kaufenden: „Ich bin nur beigetreten, um zu informieren das das Handeln in dieser Gruppe strafbar ist und bereits bei der zuständigen Behörde angezeigt wurde. Wenn ihr also nicht strafrechtlich verfolgt werden möchtet, solltet ihr austreten und diesen Schwachsinn generell lassen“, ermahnt eine Nutzerin [Fehler im Original, Anm. d. Red.].

„Dann muss man sich halt anders helfen“

Die Rechtfertigungen ließen nicht lange auf sich warten. „Wir versuchen hier nur einander zu helfen wegen dem Medikamentenmangel. Warum spielst Du Dich so auf? Sei froh, dass du nicht in dieser Lage bist, Medis nicht mehr zu bekommen, die du brauchst“, entgegnet ein überzeugtes Mitglied der Gruppe. Auf die Strafbarkeit angesprochen schreibt eine andere Nutzerin: „Als wär‘ hier wer blöd und wüsste das nicht. So, dann kannste ja jetzt wieder verschwinden hast ja alles gesagt.“

Die Erstellerin des Beitrags lässt diese Aussagen so nicht durchgehen: „Einander helfen, mit Tilidin und Benzos, ist klar. Das einzige, was hier läuft, sind Lifestyle- und Junkie-Medikamente. Wenn ich Medikamente brauche, nehme ich den legalen Weg! Und nichts von dem, was hier zuletzt angesprochen wurde, ist von Lieferengpässen betroffen.“

Eine Userin entgegnet: „Aber hier in der Schweiz gibt es schon länger kein Lorazepam mehr. Siehst du und genau deshalb bin ich in dieser Gruppe, weil es in Deutschland noch Lorazepam gibt. Aber die Apotheken verschicken es ja nicht. Dann muss man sich halt anders helfen.“ Man könne schließlich gut reden, wenn man nicht betroffen sei.

Dass es um ein gegenseitiges Helfen schon lange nicht mehr geht, zeigen aktuelle Angebote der Gruppe. „300 Stück Tilidin vorhanden. Bitte kein Timewaste“, „Wieder Tilidin und Hydromorphon genug zu haben, gerne bei mir melden“ oder „Jemand Interesse an Xanax, Lexotanil oder Seresta? Hab von allen paar Blister übrig weil ich es nicht vertragen habe“, das sind nur wenige Beispiele aktueller Angebote. Die Masche ist immer gleich: Interessenten sollen den Beitrag liken oder der/dem Händler:in eine private Nachricht zukommen lassen. Dann wird fernab der öffentlichen Postings verhandelt.

Von bedenklich bis gefährlich

„Habe hier einige kennengelernt denen es tatsächlich schlecht geht und die vom Arzt null Hilfe bekommen. Gerade du als Apothekerin solltest dafür mehr Verständnis aufbringen statt anzuzeigen. Hauptsache dein Gewissen ist rein. Tolle Leistung“, schreibt die Dealerin, die Saxenda in Kühltaschen aus der Türkei importiert – und dann über die Facebook-Gruppe anbietet. Sie plädiert: „Ich denke man sollte nicht alle hier verurteilen.“

Tatsächlich schreiben einige User öffentlich, warum sie in der illegalen Rx-Gruppe nach Arzneimitteln suchen. So sucht jemand Tedizolid oder Tygacil „gegen multiresistente Keime und da diese leider im Nervenwasser sitzen“. Von „den offiziellen Ärzten“ bekomme er, außer einer Indikation für eine Liquordiagnostik, keine Verordnung. Ein anderer finde aktuell keinen Lungenarzt. Sein Hausarzt wolle ihm sein Budesonid nicht verordnen.

Allerdings scheint nicht jedem völlig klar zu sein, worum es in der Facebookgruppe eigentlich geht. Unter einer angebotenen Flasche Quimbo (Levodropropizin) schreibt jemand: „Mir war nicht bewusst, dass es in dieser Gruppe nur um illegale Substanzen geht.“ Daraufhin entgegnet ein User, der ursprünglich gefragt hatte, ob man aus dem Hustensirup Crack kochen könnte: „Die Gruppe gibt schon Einiges her.“

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