Mit „Phascha“ gegen den Nachwuchsmangel Tobias Lau, 25.05.2019 07:04 Uhr
Fachkräfte werden immer knapper, die Branche braucht gut ausgebildete junge Menschen. Doch wie kann man die dazu motivieren, sich das schwere Pharmaziestudium anzutun? Nicht mit Geld oder allzu leichten Arbeitsbedingungen, weiß Annette Dunin von Przychowski zu berichten, sondern indem man die Begeisterung für den Apotheker als Heilberufler weckt. Seit über zwei Jahren engagiert sie sich deshalb ehrenamtlich, um Schülern in Berlin und Umgebung die vielen Facetten der Arbeit von Pharmazeuten näherzubringen.
„Pharmazie schafft Arbeitsplätze“ – kurz: „Phascha“ – ist der griffige Name des Programms, das Dunin Ende 2016 zusammen mit dem damaligen Kammerpräsident Dr. Christian Belgardt aus der Taufe hob. In Kooperation mit der Arbeitsagentur opfern seitdem rund zehn Berliner Apotheker regelmäßig ihre Freizeit, um jungen Menschen in Vorträgen an Schulen und bei sogenannten Schnupperpraktika die Welt der Pharmazie zu erklären. Dabei geben sie den Pennälern nicht nur einen Blick hinter die Kulissen von Offizin-Apotheken, sondern haben ihnen auch schon Besuche in der Produktion von Berlin-Chemie oder am pharmazeutischen Institut der Freien Universität Berlin ermöglicht.
Durch praktische Beispiele, ausgestellte Arbeitsmaterialien aus der Arzneimittelherstellung, insbesondere aus der Steril-Herstellung und pflanzlicher Drogen sollen die Veranstaltungen anschaulich und lebendig gestaltet werden. Und das ist auch notwendig, schließlich lockt man Oberschüler mitten in der Pubertät nicht mit Rabattverträgen und Chargennummern hinterm Ofen vor – sollte man meinen. „Ich dachte, das zu erklären, könnte zu langweilig sein, aber tatsächlich sind die Schüler so gut wie immer eifrig dabei“, erzählt Dunin.
Allerdings weiß die jüngst in den Vorstand der Berliner Kammer gewählte Pharmazeutin auch, wie sie die Aufmerksamkeit der Jugend auf das Thema lenken kann. Lebensnähe ist dabei eines der Zauberworte: So frage sie die Teilnehmer zu Beginn oft, ob jemand ein Arzneimittel einnimmt. Darüber ins Gespräch zu kommen und ihnen dann – einfach verständlich, aber fachlich korrekt – zu erklären, wie das Medikament im Körper wirkt und warum es wie einzunehmen ist, sei nicht nur interessant, sondern helfe auch, die Aufmerksamkeit auf einen anderen Sachverhalt zu lenken: dass der Apotheker primär ausgebildeter Heilberufler ist und nur in zweiter Linie eingetragener Kaufmann.
„Mir geht es nicht nur darum, den Beruf darzustellen, sondern auch klarzumachen, was Arzneimittel im Körper machen und wie man sie anwenden sollte“, erklärt Dunin. „Ich bin ja nicht Apothekerin geworden, um Schubladen aufzuziehen und möglichst viel Geld zu verdienen.“ Erst diesen Mitte der Woche war sie in Hermsdorf und hat vor der elften Klasse des dortigen Gymnasiums in einer Präsentation ihren Beruf erklärt. Doch sie holt die Jugend auch zu sich ins Haus: Schon zwei mal hatte sie Schülergruppen in der Quartier-Apotheke, die sie leitet, und hat ihnen dort vom Labor bis zur Anlieferung gezeigt, wie eine Offizin funktioniert. Dabei dürfen sie unter Anleitung auch selbst ran und sollen beispielsweise Brausepulver herstellen oder Teedrogen testen.
„Beim ersten Mal hatte ich da einen Schüler dabei, der gerade aus einem dreiwöchigen Praktikum in einer Apotheke kam. Der meinte danach zu mir, er hat in den drei Stunden mehr über Apotheken gelernt als in den drei Wochen davor“, sagt sie stolz. Allgemein sei sie oft überrascht vom Wissensstand der Schüler, die vor allem viele naturwissenschaftliche Fragen korrekt beantworten können.
„Das sind aber auch meistens Schüler, die bei ihren Wahlfächern eine naturwissenschaftliche Bahn eingeschlagen haben.“ Gerade die müsse man aber frühzeitig informieren, welche beruflichen Möglichkeiten ein Studium der Pharmazie bietet. Deshalb hoffe sie, dass sich bald neben klassischer Offizin, Wissenschaft und Industrie auch noch eine Krankenhausapotheke findet, die ihre Tore für den potentiellen Nachwuchs öffnet.