Gleich mit zwei Apotheken startete Charlotte Nehls 2023 in die Selbstständigkeit. Nun ist gerade einmal zwei Jahre später die dritte Apotheke hinzugekommen: Die 33-jährige Inhaberin übernahm Anfang Januar die Schwan-Apotheke in Neumünster.
„Die Markt-Apotheke gehörte meinem Opa und später meiner Mutter“, erzählt sie. Ihren jetzigen Hauptstandort, die Vicelin-Apotheke, habe sie durch einen glücklichen Zufall zeitgleich übernehmen können: „Der damalige Inhaber hatte denselben Steuerberater und hat uns empfohlen. Es war eine gute Apotheke, und wir sind uns schnell einig geworden.“
Im Sommer vergangenen Jahres ist die Inhaberin der Schwan-Apotheke auf Nehls zugekommen. „Ich hatte schon vorher Interesse bekundet, sogar schon vor meinem ersten Schritt in die Selbstständigkeit“, berichtet sie. Die Inhaberin sei etwa so alt wie Nehls Mutter und wollte entsprechend auch langsam in Rente gehen. „Als Alternative wäre gewesen, dass diese schöne, moderne, aber auch traditionelle Apotheke schließen müsste, da habe ich mich entschieden, sie zu übernehmen.“
Eine der größten Herausforderungen für die junge Inhaberin ist das Personalmanagement. „Wenn jemand krank wird, Urlaub hat oder einen Termin wahrnehmen muss, ist es eine echte Herausforderung, alles zu jonglieren“, berichtet sie. Dazu komme, dass die Branche stark reguliert sei, insbesondere in Bezug auf Öffnungszeiten und natürlich die ständige Anwesenheit einer Apothekerin oder eines Apothekers. „Das erfordert sehr gute Planung und viel Teamarbeit. Zum Glück habe ich ein umsichtiges und tolles Team, das sich aktiv in die Planung einbringt.“
Aktuell beschäftigt sie in ihren drei Apotheken insgesamt 20 Mitarbeitende, inklusive Botenfahrer oder Botenfahrerinnen und Reinigungskräfte: insgesamt sechs Apothekerinnen und Apotheker und sieben PTA sind darunter. Besonders Approbierte seien Mangelware. „Bei den PTA habe ich Glück, da es in Neumünster eine PTA-Schule gibt. Dann kommen regelmäßig Praktikanten zu uns, die übernommen werden können.“
Die nächste Universität, die ein Pharmaziestudium anbietet, ist in Kiel. Auch Nehl hat dort 2017 ihr Studium abgeschlossen. Neumünster sei für viele aus der Universitätsstadt nicht besonders attraktiv. Außerdem müsse sich eine Apotheke stark übertarifliche Gehälter in der aktuellen Zeit erst einmal leisten können. „Ich hatte bisher Glück, durch meine Kontakte zur Uni. Ab Februar fängt dadurch noch ein junger Apotheker bei mir an.“
Auch Nehls fordert „dringend“ eine Honorarerhöhung: „Seit Ewigkeiten wurde nichts angepasst. Das muss sich ändern, damit wir die Kosten decken können“, findet die Inhaberin. Gleichzeitig seien die Kosten für Strom, Mieten und Personalausgaben stark gestiegen. „Auch die Einführung der PTA-Vertretung löst das Grundproblem nicht, dass man für ein einzelnes Rezept schlicht zu wenig Geld bekommt.“
Lieferengpässe seien nach wie vor ein großes Problem, denn das Management koste extrem viel Zeit. „In einer Apotheke arbeiten wir mittlerweile mit fünf Zulieferern.“ Um die Kunden trotzdem noch zu versorgen, telefonieren ihre Mitarbeiter:innen viel, um doch noch Packungen aufzutreiben. Dazu müssten Rücksprachen mit den Ärzten gehalten werden. „60 Cent pro Rezept sind einfach lächerlich – dafür müsste es mehr Vergütung geben“, kritisiert Nehl. „Gerade das unterscheidet uns vom Online-Handel: dass wir uns kümmern.“
Auch das E-Rezept bringe immer noch viele Fehler mit sich. Es dauere oft immer noch lange, bis es verfügbar sei. Darüber hinaus haben Patient:innen immer noch Verständnisschwierigkeiten. Außerdem sei die Flexibilität bei der Anpassung geringer geworden. „Früher konnte man über den „kurzen Dienstweg“ schnell etwas regeln, jetzt ist alles komplexer. Ein E-Rezept kann man nicht einfach gegenstempeln, um zum Beispiel eine größere Packung abzugeben. Das bedeutet Rücksprachen mit dem Arzt, die Zeit kosten“, erklärt sie. Ein weiteres Problem sei der bürokratische Aufwand. „Alles muss protokolliert werden – Prüfprotokolle und Dokumentationen, die der Patient gar nicht sieht. Das bindet Zeit und Personal.“
Eins stellt Nehl abschließend klar: „Trotz der Herausforderungen macht mir der Job wahnsinnig viel Spaß. Besonders die kleinen Erfolgserlebnisse verschönern für sie den Apothekenalltag: „Wenn man etwas für die Patienten erreicht und sie sich freuen, ist das sehr erfüllend. Auch die Zusammenarbeit mit meinem Team macht großen Spaß. Wir sind ein starkes Team.“