Harro Kunz (83), Apothekeninhaber aus Niedersachsen, blickt auf 50 Jahre Selbstständigkeit zurück. Sein Jubiläum hat er gebührend gefeiert. „Es war ein richtig schöner Tag.“ Viele Hände hat er geschüttelt, unzählige Glückwunsche entgegengenommen und jede Menge Blumensträuße erhalten. Zur Ruhe setzen möchte der Apotheker sich aber noch lange nicht, auch wenn seine Frau ihn gerne öfter zu Hause hätte.
Apotheker Harro Kunz ist 1939 in Hamburg geboren. Nach seiner Approbation 1964 arbeitete er zunächst als Bundeswehr-Apotheker, bevor er anschließend einige Jahre bei den Farbwerken Höchst, heute Sanofi, in Frankfurt am Main als Betriebsleiter der Pharmafertigung zuständig war. Für etwa eintausend Mitarbeiter hatte der heute 83-Jährige die Verantwortung. Anfang der Siebziger Jahre verließen dann viele Apotheker die Industrie. Sie machten sich mit einer öffentlichen Apotheke selbstständig. „Das versprach damals wesentlich bessere Aussichten.“ Diesen Schritt ging auch Kunz. Gestartet ist er mit der Pacht einer Apotheke im niedersächsischen Twistringen – für ein Jahr. Anschließend folgte die Selbstständigkeit mit der Schloss-Apotheke in Syke.
Es war ein Donnerstag: Am 1.März 1973 eröffnete Harro Kunz in der Hauptstraße 3a in Syke seine Schloss-Apotheke, die er bis zum heutigen Tage ununterbrochen leitet. Nach etwa 40 Jahren zog der Betrieb Anfang 2014 in eine ehemalige Schlecker-Filiale um. „Wir wollten einen Rowa-Automaten anschaffen. In den alten Räumlichkeiten wäre das nicht möglich gewesen.“ Die neue Adresse der Schloss-Apotheke war fortan die Hauptstraße 13. „Hier hatten wir nun einen Tanzsaal von 200 Quadratmetern zur Verfügung, wo wir unserer Pläne optimal realisieren konnten.“
Zehn Jahre lang hat Kunz Onkologen mit Zytostatika versorgt, die durch seine Mitarbeiter:innen patientenindividuell hergestellt wurden. „Das ist grundsätzlich eine sehr interessante Aufgabe.“ In den neuen Räumlichkeiten hätte allerdings ein komplett neuer Reinraum eingebaut werden müssen. Bei den Preisen für die speziellen individuellen Zubereitungen, „die zunehmend kaputt gingen, erschien mir das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu schlecht.“ Diese Aufgabe hat anschließend ein Kollege im nahegelegenen Bremen übernommen.
Im ortsansässigen Einkaufscenter hat Kunz 2011 eine Filiale eröffnet. Wegen ihrem Kooperationspartner hieß diese zunächst „Bären-Apotheke“. 2016 kündigte der Inhaber die Zusammenarbeit und nannte den Betrieb in „Schloss-Apotheke am Famila“ um. Dort verfügt er neben den apothekenüblichen Räumen auch über einen großen Mehrzweckraum, in dem Schulungen, Betriebsversammlungen und Feierlichkeiten, wie diese des 50-jährigen Jubiläums, stattfinden können.
Sechsmal die Woche hat die Center-Apotheke von 8 Uhr bis 20 Uhr geöffnet. Sonntags nie. Allerdings gibt es verkaufsoffene Sonntage, an denen sich der Betrieb in der Hauptstraße beteiligt. „Etwa zwei bis dreimal im Jahr ist dies der Fall.“ Die Belegschaft besteht aus fast vierzig Mitarbeiter:innen, darunter acht Approbierte. Etwa die Hälfte arbeitet in Vollzeit. Über personelle Engpässe klagt der Inhaber nicht – im Gegenteil: „Wir wundern uns manchmal selbst. Wir bekommen immer wieder Bewerbungen von PTA und Apotheker:innen, die hier gerne arbeiten möchten.“ Kunz mutmaßt dahinter nicht nur eine leistungsgerechte Bezahlung, sondern vor allem auch, dass er auf individuelle Wünsche eingeht, was die Arbeitszeiten betrifft. „Wir versuchen da flexibel zu sein.“ Eine offene Steffe hat Kunz dann aber doch zu vergeben: Er möchte einen IT-Spezialisten in Vollzeit einstellen. Sämtliche Prozesse seien zunehmend nur noch digital zu bewältigen. Dafür braucht es fähige Leute an Bord.
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Für die tagtäglichen Botenfahrten stehen neben zwei kleinen Autos auch Fahrräder für die Mitarbeiter:innen zur Verfügung. Für kürzere Wege gibt es sogar ein Segway-Board. „Damit fahren alle begeistert hin und her.“
Seine ehemalige Mitarbeiterin Irmgard Wilkens hat bei Harro Kunz in Twistringen 1972 als Lehrling angefangen. Ein paar Jahre arbeitete sie als Helferin bevor sie sich anschließend auch noch für eine PTA-Ausbildung entschied. „Sie war 45 Jahre lückenlos bei mir. Bis zum Eintritt in ihren Ruhestand.“ Natürlich durfte sie zum großen Jubiläum nicht fehlen. „Es hat mich sehr gefreut, dass sie da war.“
Geladen hatte der Apotheker insgesamt etwa 150 Gäste, von denen auch die meisten kommen konnten.
Ausgerechnet ein Ehrengast fehlte: Der Inhaber eines Radio- und Fernsehgeschäftes war jahrelang Nachbar der Schloss-Apotheke in der Hauptstraße 3a. Der knapp 104-Jährige, geistig topfit, freute sich sehr über die Einladung zu Kunz´ großer Feierlichkeit, die er dankend annahm. Doch es sollte anders kommen: Wegen einer Lungenentzündung musste der Mann ins Krankenhaus, woraufhin er überraschend starb – und dies kurz vor seinem Geburtstag. „Ich bin traurig darüber. Nur zu gern hätte ich ihn hier gehabt. Er war mir ein großes Vorbild“, berichtet Kunz.
„Ich habe das große Glück, weitestgehend gesund zu sein und denke nicht daran, mich zurückzuziehen. Vielmehr bin ich dankbar, dass ich noch arbeiten darf.“ In der Offizin am HV-Tisch ist Kunz jedoch nicht mehr anzutreffen. Er kümmert sich seit geraumer Zeit überwiegend um Personalangelegenheiten und die Finanzen. Aber er ist jeden Tag von Ort – meist zwischen 10 Uhr und 14 Uhr. „Ich komme und gehe, wann ich will. Diese Freiheit nehme ich mir inzwischen.“
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