Retinitis pigmentosa

Micro-Chip lässt Blinde sehen

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Nürnberg -

Etwa 300 erblindete Menschen weltweit können mit Hilfe eines Netzhaut-Chips im Auge wieder etwas sehen. Die Technik, die seit mehr als zehn Jahren angewendet wird, hilft Patienten mit der erblich bedingten Augenkrankheit Retinitis pigmentosa. Dabei sterben die Sehzellen ab, die in der Netzhaut Licht in elektrische Impulse umwandeln.

In Deutschland leben etwa 30.000 bis 40.000 Menschen mit dieser Krankheit, wie Augenarzt Dr. Armin Scharrer sagt. Pro Jahr erblinden knapp 1000 Personen. Die noch teure Technik kann ihnen helfen – doch es gibt noch einiges zu verbessern. Darüber diskutieren von Donnerstag an Experten beim Internationalen Kongress der Deutschen Augenchirurgen in Nürnberg.

Zwei Arten von Chips werden derzeit genutzt – ein US-amerikanischer und ein deutscher. „Alle Entwickler arbeiten intensiv an der Verbesserung – vor allem, was die Haltbarkeit und Handhabbarkeit betrifft“, sagt Kongress-Präsident Scharrer. Ziel sei, dass der Chip 20 bis 30 Jahre lang im Auge bleiben könne, denn die Patienten seien bei Ausbruch der Krankheit erst 30 bis 40 Jahre alt.

Derzeit könne der deutsche Chip bis zu fünf Jahre im Auge bleiben, sagte Scharrer. Das amerikanische Patent hält nach Angaben des Herstellers mindestens zehn Jahre. Auch die Qualität des Sehens soll laut Scharrer künftig besser werden – etwa durch eine höhere Pixelzahl auf dem Chip.

Grundsätzlich sei die Technik jedoch für die Betroffenen „ein großer Schritt in die richtige Richtung“. Sie können damit zumindest wieder grobe Umrisse, Menschen oder große Gegenstände und Bewegungen erkennen. Dabei können die Patienten nur in Grau-Tönen sehen. Auch die Anpassung an die Umgebungshelligkeit müssen die Betroffenen mit Hilfe eines kleinen Geräts steuern.

Im Vergleich zur Sehkraft eines Gesunden sei das zwar nicht immens, sagt Scharrer. „Aber wer blind ist, für den bedeutet ein wenig zusätzliche Sehkraft schon sehr viel.“ Drei von vier Patienten sagten: Der Eingriff sei zwar kompliziert und schwierig, aber er habe sich gelohnt.

Das von Tübinger Forschern entwickelte Implantat (Alpha IMS) wird unter die Netzhaut gesetzt. Der drei mal drei Millimeter große Chip ersetzt dort die abgestorbenen lichtempfindlichen Sehzellen, die sogenannten Zapfen. Wie bei einem Kamera-Chip nehmen 1500 Fotodioden einfallendes Licht auf und wandeln es in elektrische Signale um. Diese werden über den Sehnerv ans Gehirn weitergegeben, wo dann wieder Bilder entstehen können. Das funktioniert bei etwa 75 Prozent der operierten Patienten. Die Technik kann nur bei Menschen genutzt werden, die einmal sehen konnten.

Der rund siebenstündige Eingriff wird inzwischen an mehreren deutschen Augenkliniken vorgenommen. Nach der OP müssen die Patienten mehrere Monate üben, um die neuen Seheindrücke verarbeiten zu können.

Für den Eingriff nötig sind ein Augenarzt und ein Neurochirurg. Denn das Energiemodul – die Batterie – wird am Hinterkopf unter die Haut gesetzt. Ein Kabel führt von dort zum Auge. „Das ist also wirklich eine komplizierte Sache“, sagt Scharrer. Alles in allem kostet die Behandlung rund 100.000 Euro. In Deutschland seien mittlerweile einige Krankenkassen bereit, die Kosten zu übernehmen.

Die US-Technik (Argus II) hat im Gegensatz nur 60 Elektroden. Für die Qualität des Sehens ist laut dem Hersteller allerdings nicht nur die Zahl der Dioden entscheidend. Außerdem ist die OP hier deutlich unkomplizierter: Der Patient trägt eine Brille mit einer Kamera. Die Bild-Signale werden drahtlos an den Chip im Auge übertragen, der nicht unter, sondern auf der Netzhaut sitzt. Auch die Batterie wird nicht implantiert, sondern steckt in einem Kästchen in der Tasche.

Ob Netzhaut-Chips in Zukunft auch bei anderen Augenerkrankungen eingesetzt werden können – etwa bei der sehr häufigen Altersblindheit oder altersabhängigen Makula-Degeneration – ist bisher noch unklar.

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