Freitagnacht ist für Dr. Gerd-Gunther Madry heilig. Dann zieht sich der Apotheker in sein Atelier zurück, dreht die Musik auf, greift zu den Ölfarben und malt. Seine Teich-Apotheke in Merseburg ist wahrscheinlich die einzige Apotheke in ganz Deutschland mit eigener Galerie. Seine Gemälde will der Apotheker nun für einen guten Zweck verwerten: Er verkauft Kalender mit seinen Bildern. Das Geld geht an das Jose-Carreras-Krebszentrum in Leipzig.
Madry malt schon sein ganzes Leben lang. „Das habe ich von meinem Großvater geerbt“, sagt er. Inzwischen ist er fast 70 Jahre alt und hat rund 3000 Bilder angefertigt. Fast alle besitzt er noch. „Ich verkaufe keine Bilder – ich kann mich nicht von ihnen trennen.“ In seinem Dienstzimmer hängen hunderte Gemälde, zum Teil vier oder fünf übereinander.
Eigentlich wollte Madry Kunst studieren. Doch der Vater besteht darauf, dass er „etwas Ordentliches“ lernt. Die Entscheidung, Pharmazie zu studieren, hält Madry heute für richtig. Er könne zwar 60 bis 70 Prozent seiner Bilder verkaufen – er hätte aber wahrscheinlich nur gerade so viele verkauft, um knapp über die Runden zu kommen.
Madry studierte Pharmazie in Halle und promovierte dort. Einige Jahre lang leitete er die Adler-Apotheke in Aken an der Elbe, 1977 übernahm er dann die Teich-Apotheke. Seit 1990 ist er deren Inhaber, in diesem Jahr wurde das 25. Jahr der Privatisierung gefeiert. Das Malen war immer sein Hobby, dem er in der Nacht auf Samstag nachging – weil er dann nur einen halben Tag arbeiten musste und deshalb bis zwei Uhr nachts wach bleiben konnte.
Kurz nach acht Uhr zieht sich Madry üblicherweise in sein Atelier zurück und geht die verschiedenen Skizzen durch, die er zuvor angefertigt hat. „Ich habe immer 80 bis 90 Skizzen, aus denen ich auswähle.“ Die Entwürfe entstehen meist nebenbei, im Urlaub oder bei einer Veranstaltung. Einen Stift hat Madry immer dabei, einen Block nicht. Die Skizzen entstehen auch schon mal auf einem Programmheft.
Etwa eine Viertelstunde nimmt sich der Apotheker, um in seinem Atelier zur Ruhe zu kommen und zu entscheiden, was er malt. Dann legt er die passende Musik auf und legt los. Manchmal wird ein Bild an einem Abend fertig, manchmal arbeitet er später weiter. Mit starkem Kaffee hält er sich wach. Denn obwohl er meistens schon den ganzen Tag über in der Offizin gestanden hat, malt er nur im Stehen. „Ich habe es mal im Sitzen ausprobiert – das geht nicht.“
Die Zeit, in der er malt, hat Madry ganz für sich. Das weiß auch jeder in der Familie und im Freundeskreis – niemand ruft dann für ihn an. Doch die Arbeit in der Apotheke geht für ihn vor. Fällt der Notdienst wie in dieser Woche auf einen Freitag, steht er in der Offizin statt im Atelier. „Meine Frau hat zwar angeboten, den Dienst zu übernehmen, aber ich kann dann nicht abschalten“, sagt er.
In seinem Leben hat Madry schon einige Techniken ausprobiert – Linolschnitt, Pastell, Aquarell. Doch am liebsten malt er mit Ölfarben. „Da kann man sich mit der Farbe austoben“, erklärt er. Er malt alles, was ihn bewegt. So greift er etwa seit vier Jahren immer wieder das Thema Flüchtlinge auf. Außerdem malte am Tag nach den Terroranschlägen in Paris und verewigte Papst Benedikt XVI. kurz nach seinem Rücktritt. Das Bild hängt inzwischen als Dauerleihgabe in der Katholischen Pfarrei St. Andreas in Berchtesgarden.
Schon seit einigen Jahren setzt Madry seine Kunst für den guten Zweck ein. 2006 gestaltete er schon einmal einen Zwei-Jahres-Kalender für 2007 und 2008 und nahm damit 2647 Euro ein, die er an des Jose-Carreras-Krebszentrum spendete. Der aktuelle Kalender gilt von 2016 bis 2019 und enthält 26 Bilder. Den Kalender gibt Madry gegen eine Spende von mindestens 5 Euro ab – „aber viele Kunden zahlen mehr“. In einer Woche hat er schon 665 Euro eingenommen. Apotheker könnten die Kalender auch bei ihm bestellen und dann selbst verkaufen, sagt er.
Andere Bilder hat er auf Postkarten drucken lassen und gespendet, etwa 1500 Karten vom Berliner Stadtschloss für den Wiederaufbau desselben, die in der Humboldt-Box verkauft wurden. 1000 Postkarten mit dem Bild „Königin Luise“ spendete er an die Kirche im brandenburgischen Paretz, um die Restaurierungsarbeiten zu unterstützen. 70.000 Postkarten gingen an die Kinderhilfe Afghanistan.
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