Ende des Jahres schließt nach 72 Jahren die Bahnhof-Apotheke in Lauterbach in Hessen. Inhaber Christian Schäfer fand weder Personal noch Nachfolger, veraltete Regeln sorgen für eine unnötig hohe Arbeitslast.
Schon länger war die Personalsituation schwierig, aber nun ist sie für Schäfer nicht mehr zu stemmen: „Mein Vater scheidet aus Altersgründen aus“, berichtet er, allein mit einer Apothekerin in Teilzeit kann er die Öffnungszeiten nicht mehr abdecken. Jahrelang suche er schon Personal, aber ohne Erfolg, jetzt muss er den Familienbetrieb nach 54 Jahren schließen. „Der Nachwuchs fehlt“, sagt er.
Student:innen würden schon an der Uni von der Industrie abgeworben, die Apotheken seien nicht konkurrenzfähig. Ein deutlich höheres Gehalt und Sonderurlaub überzeuge die meisten. Aber auch die Arbeitszeiten und -bedingungen sind laut Schäfer nicht zu vergleichen. Der Notdienst schrecke viele Kandidat:innen ab, deshalb macht er alle seine Dienste selbst – alle acht Tage ist er dran. Hinzu kämen „meterweise Aktenordner“, die akribisch gepflegt werden müssen, aber höchstens alle paar Jahre einmal durch den Revisor angeschaut würden.
Die Regelung, dass immer ein Approbierter anwesend sein muss, ist in Schäfers Augen „völlig aus der Zeit gefallen“. Um rund um die Uhr in der Apotheke anwesend zu sein, fehle einfach das Personal. Heutzutage sei man auch jederzeit auf dem Handy erreichbar, falls die PTA tatsächlich einmal Hilfe benötige. Seine Mitarbeiterinnen seien so gut geschult, dass er sich das Szenario aber nicht mal vorstellen könne. Er versteht nicht, warum diese nicht selbstständig arbeiten dürfen.
Das „Manpower-Problem“ werde auch in Zukunft zunehmen. „Das ist die größte Bedrohung“, so Schäfers Einschätzung. Deshalb ließ sich auch niemand für die Nachfolge finden: „Kolleg:innen wollten die Apotheke nicht mal geschenkt“, schildert er – nicht aus wirtschaftlichen Gründen, die Personalsituation sei einfach zu belastend.
Im Nachbarort würden sich Apotheken gegenseitig Personal abwerben, aber das verlagert das Problem nur: Wo eine Personallücke geschlossen wird, tut sich eine andere auf. Seine Mitarbeiterinnen hätten auch alle schon einen neuen Arbeitsplatz in Aussicht. Als Schäfer die Schließung seines Betriebes verkündete, bekam er sogar Anrufe von Kolleg:innen, die sich bei ihm erkundigten, ob er das Personal vermitteln könne.
Der Rückgang der Zahl der öffentlichen Apotheken ist längst kein Geheimnis mehr. Trotzdem mache sich die Politik keine Gedanken darüber, ärgert sich der Inhaber. „In 10 bis 15 Jahren werden es nur noch 12.000 Apotheken sein“, so seine Prognose. Er zieht sich ebenfalls aus dem Apothekenalltag zurück und wird seinen Vater unterstützen.
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