Mein richtiger Zeitpunkt für die Selbstständigkeit Hagen Schulz, 12.10.2019 15:54 Uhr
Voller Überzeugung hat sich Apotheker Adrien Nangoum in seine neue Aufgabe gestürzt: selbstständig sein. Er übernahm zwei Betriebe von Lisa Dir-Denoix im baden-württembergischen Hechingen. Der gebürtige Kameruner will seine neuen Kunden nun mit Bodenständigkeit, Leidenschaft und einem schnelleren Botendienst überzeugen.
Seit etwa zwei Wochen leitet Nangoum die Stadt- und die Löwen-Apotheke in Hechingen. Zuvor kam der Apotheker viel herum: In Saarbrücken studierte er Pharmazie, danach arbeitete er in Apotheken in Bremerhaven und Ulm. Bis auf den zweijährigen Ausflug in den hohen Norden hat es Nangoum vor allem der Südwesten Deutschlands angetan. „Hier habe ich Freunde und Familie, hier fühle ich mich zu Hause“, so der Apotheker. Auch die Nähe zu Frankreich spielt eine entscheidende Rolle.
Denn geboren und aufgewachsen ist Nangoum im französischsprachigen Kamerun. Schon als Jugendlicher stand für ihn fest, dass er später einmal Medizin oder Pharmazie studieren möchte. Zwei Cousins überzeugten ihn, zu ihnen nach Saarbrücken zu ziehen und dort Pharmazie zu studieren. Um hierfür optimal vorbereitet zu sein, nahm Nangoum an einem einjährigen Deutschkurs am Goethe-Institut in Kameruns Hauptstadt Yaoundé teil. „Ich hätte auch zu einem Onkel nach Frankreich ziehen können, aber meine Cousins überredeten mich, dass ich ihn auch aus Saarbrücken oft genug besuchen kann“, erklärt der Apotheker.
Nachdem er mehrere Jahre in Apotheken arbeitete, fühlte sich Nangoum bereit für die Übernahme eines eigenen Betriebs: „Ich habe gespürt, dass es der richtige Zeitpunkt ist, um mich als Apotheker weiterzuentwickeln.“ Von Bekannten erfuhr er, dass die Apothekerin Dir-Denoix einen Nachfolger für ihre zwei Betriebe in Hechingen sucht. „Wir haben uns sofort gut verstanden“, erinnert sich Nangoum an das erste Treffen mit seiner Vorgängerin. Der Wechsel habe gut geklappt, wenngleich viel Papierkram zu erledigen war, so der frischgebackene Inhaber.
Die Kunden der Löwen- und der Stadt-Apotheke wurden relativ kurzfristig über den bevorstehenden Eigentümerwechsel informiert. „Daher waren einige auch etwas überrascht, schließlich kannten sie mich ja nicht“, berichtet Nangoum von seinen ersten Arbeitstagen. Mit bodenständiger und leidenschaftlicher Arbeit wolle er die Hechinger überzeugen, was auch immer besser funktioniere: „Die Leute sind sehr aufgeschlossen hier, es ist alles gut hier.“
So konnte sich Nangoum auch schon Zeit für erste Zukunftspläne nehmen. „Ich möchte ein neues Lichtkonzept umsetzen. Und unser Botendienst soll schneller werden, wir wollen künftig noch am selben Tag der Bestellung ausliefern“, gibt der Apotheker Einblicke in seine Vorhaben. Finanziell habe er mit der Übernahme und den weiteren Plänen zwar einen kleinen Kraftakt bewältigen müssen. „Aber die Apotheken laufen gut und so habe ich eine Finanzierung bei der Bank bekommen“, freut sich Nangoum.
Seine Entscheidung, Apotheker zu werden, hat Nangoum nie bereut. Dennoch sieht der Kameruner manche Entwicklungen in Deutschland mit Sorge: „Ich wünsche mir, dass uns die Politik mehr unterstützt. Apotheker sind hierzulande nicht so anerkannt wie Ärzte. Dabei ist unser Job sehr wichtig und es gibt ein hohes Risiko, dass etwas schief geht.“ Das zeige auch der aktuelle Fall in Köln. „Wir Apotheker geben uns viel Mühe und machen unseren Beruf mit viel Leidenschaft“, appelliert Nangoum an die Politiker. „Daher müssen wir dabei unterstützt werden, dass sich unser Beruf weiterentwickelt und dass weniger Apotheken schließen müssen.“