Krankenstand

Mehr Fehlzeiten durch Stress dpa, 09.07.2010 11:20 Uhr

Berlin - 

Deutschlands Arbeitnehmer melden sich immer häufiger wegen psychischer Erkrankungen krank. Die Zahl solcher Krankheitsfälle habe 2009 einen Höchststand erreicht, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Die Forscher werteten die Krankheitsdaten von 9,7 Millionen erwerbstätigen AOK-Mitgliedern aus.

Demnach sind psychisch bedingte Erkrankungen für die längsten Fehlzeiten verantwortlich. „Bei einer Atemwegserkrankung fehlt ein Beschäftigter im Schnitt 6,5 Tage, bei einer psychischen Erkrankung sind es fast 23 Tage“, sagte der Mitherausgeber der Studie und stellvertretender Geschäftsführer des Instituts, Helmut Schröder.

Nach der AOK-Studie liegen die seelischen Störungen mittlerweile an vierter Stelle bei den Ursachen für eine Erkrankung Berufstätiger. Insgesamt waren sie im vergangenen Jahr der Grund für 8,6 Prozent der ausgefallenen Arbeitstage der AOK-Mitglieder. 2008 hatte der Wert noch 8,3 Prozent betragen.

Krankheitsgrund Nummer eins bleiben mit großem Abstand Leiden an Muskulatur und Skelett. Sie sind für ein Viertel aller Erkrankungen verantwortlich. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Rückenbeschwerden.

Schon jetzt sind aber laut SZ psychische Erkrankungen die häufigste Ursache für Frühverrentungen. 2007 begründete jeder Dritte seinen vorzeitigen Ausstieg aus dem Beruf mit hartnäckigen Depressionen oder anderen seelischen Störungen. Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamts sei durch die Volkskrankheit Depression im Jahr 2006 ein Schaden von 26,7 Milliarden Euro entstanden.

Die Ursachen für die deutliche Zunahme der psychischen Probleme vermuteten Gewerkschaften und Betriebsärzte im steigenden Stress einer stark veränderten und beschleunigten Arbeitswelt. Ein anderes Erklärungsmuster für den Anstieg der Fälle sei, dass die Arbeitnehmer stärker als früher bereit sind, mit Ärzten über seelische Probleme zu sprechen, so die Zeitung weiter.

Trotz der schweren Wirtschaftskrise 2009 stieg die Zahl der Fehlzeiten laut AOK von 4,6 Prozent (2008) auf 4,9 Prozent (2009) an. Im Durchschnitt dauerte eine Fehlzeit im vergangenen Jahr 17,3 Tage. In der Vergangenheit dagegen sei in Krisen der Krankenstand oft gesunken, weil die Beschäftigten aus Angst vor dem Jobverlust oft auch krank auf der Arbeit erschienen.

Die meisten Fehlzeiten unter den AOK-Mitgliedern hatten 2009 Straßenreiniger und Müllmänner. Sie waren mit 28,8 Tagen im Schnitt fast einen Monat krank. Die geringsten Fehlzeiten hatten Hochschullehrer mit 4,3 Tagen. Laut Statistik sind Frauen häufiger, aber kürzer krank. Männer leiden vermehrt unter Muskel-Skelett-Erkrankungen und Verletzungen, Frauen eher unter Atemwegserkrankungen und Depressionen.