Bestellung, Lieferung, Telefon

Medinait + Paracetamol: WDR testet Versandapotheken

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Berlin -

95 Prozent der Bevölkerung gehen noch in eine „ganz normale Apotheke“. Dies liege an dem Wunsch nach persönlicher Beratung durch einen Apotheker, so das WDR-Magazin „Servicezeit“. Vor allem rezeptfreie Arzneimittel wie beispielsweise Erkältungsmedikamente würden jedoch zunehmend online bestellt. Wie es bei den Versendern um die Beratung bestellt ist, testete Servicezeit gemeinsam mit Dr. Heinz-Wilhelm Esser – besser bekannt als „Doc Esser“.

Das Team ging folgenden Fragen nach: Wie gut sind die Informationen bei der Bestellung? Wie gut sind die Informationen bei der Lieferung? Wie gut ist die Telefonberatung? Dazu wurden bei den zehn umsatzstärksten Versandapotheken (aus Holland: Shop Apotheke, Europa Apotheek, DocMorris, Apo-Rot; aus Deutschland: Eurapon, Sanicare, Apotal, Apo-Discounter, Medikamente-per-Klick, Medpex) je zwei Arzneimittel bestellt – Wick Medinait (Dextromethorphan/Paracetamol/Doxylamin/Ephedrin) und fünf Packungen Paracetamol. Eine gefährliche Kombi.

„Ich muss als Kunde einer Online-Apotheke davon ausgehen können, dass ich darauf hingewiesen werde, dass eine zu hohe Dosis von Paracetamol die Leber schädigen kann. Insbesondere dann, wenn ich diese beiden Medikamente miteinander kombiniere“, sagt Doc Esser.

Los geht es also mit der Bestellung. Bereits beim Bestellvorgang würden zu den einzelnen Präparaten Anwendungs- und Dosierungshinweise sowie Informationen zu den Wirkstoffen geliefert. Aber hier zeigen sich schon die ersten Unterschiede. Einige Apotheken würden oberflächlich, andere hingegen detailliert und gewissenhaft informieren. Positiv fallen Eurapon und Sanicare auf – Doc Esser ist zufrieden. „Man bekommt wirklich alle Informationen. Woraus besteht das Medikament, wie lange sollte ich es einnehmen, worauf sollte ich achten, wann sollte ich es besser nicht einnehmen? Leberschädigung, Nierenschädigung. Also, absolut ok.“

Nicht so okay findet der Mediziner allerdings, dass nur zwei Versender vor der Kombination aus Wick Medinait und Paracetamol warnen. Bei Apo-Discounter können beide Präparate in einem Wechselwirkungscheck eingegeben werden. Wer selbst aktiv wird, wird auch gewarnt: „Es wurden schwerwiegende Wechselwirkungen gefunden.“ Mehr Informationen dazu gibt es aber nicht. Die Tester fühlen sich „ziemlich allein gelassen“. Eine Erläuterung konnte jedoch per Mail angefordert werden. DocMorris schneidet besser ab – der Versender gibt die Erklärung sofort und weist auf eine Überdosierung durch den gleichen Wirkstoff hin. Doc Esser findet das „richtig gut“. Auf schnelle Art und Weise gelange der Verbraucher zum Wechselwirkungungscheck, der alle benötigten Antworten liefere.

Den „Clou“ erleben die Tester, als fünf Packungen Paracetamol in den Warenkorb gelegt werden. Die Bestellmenge für eine Person wird automatisch auf drei herabgesetzt – bei allen zehn Versendern, „Bestellsperre wegen drohender Überdosierung“. Das Fazit: Das Pflichtprogramm an Aufklärung bei der Bestellung erfüllten alle Versandapotheken. Positiv sind vor allem Apo-Discounter, DocMorris, Eurapon, Europa Apotheek, Medpex und Sanicare aufgefallen.

Auf die Bestellung folgt die Lieferung. Wie steht es hier um die beigelegten Informationen? Die positive Nachricht zu Beginn: Alle Versender hatten die Ware innerhalb der versprochenen drei Werktage geliefert. Beigelegte Informationen sucht Doc Esser jedoch in einigen Sendungen vergebens. Eurapon beispielsweise liefert zwar Informationen per Mail, jedoch liegen dem Päckchen keine Hinweise bei. Medikamente-per-Klick liefert nur allgemeine Informationen, die sich nicht konkret auf die bestellten Präparate beziehen. Apo-Rot, Europa Apotheek und DocMorris zeigen, wie es geht. Den Bestellungen liegen umfassende Informationen bei – inklusive konkreter Warnungen zu den beiden bestellten Arzneimitteln. Das Fazit bei der Bewertung der Lieferung fällt „durchwachsen“ aus. Apo-Rot, DocMorris und Europa-Apotheek konnten überzeugen. Apo-Discounter, Apotal und Medikamente-per-Klick fielen eher durch fehlende Informationen und somit negativ auf.

Apo-Discounter verwies in einer Stellungnahme gegenüber Servicezeit darauf, auf die Packungsbeilagen der beiden Arzneimittel hingewiesen zu haben. Apotal beteuerte, den Bestellungen stets einen ausführlichen Informationszettel beizulegen; fehle dieser, handele es sich um eine Ausnahme und nicht die Regel. Medikamente-per-Klick teilte den Testern mit, Informationen nur bei klinisch relevanten Wechselwirkungen beizulegen, um die Kunden nicht zu verunsichern. Weiter soll es heißen: „Zukünftig werden wir diesbezüglich unsere bereits verwendeten Hinweise ergänzen.“

Was kann die Telefonberatung? Welche Informationen erhalten Verbraucher? Die Tester riefen bei allen zehn Versendern an, gaben an, Paracetamol und Wick Medinait bestellt zu haben, und wollten wissen, was beachtet werden muss. Alle Hotlines der Versender konnten das Pflichtprogramm erfüllen und wiesen auf den gleichen Wirkstoff in beiden Arzneimitteln und eine mögliche Paracetamol-Überdosierung hin. Einige allerdings nur zögerlich und nur auf ausdrückliche Nachfrage. Nur wenige fragten nach bestehenden Vorerkrankungen, beispielsweise der Leber. Das Fazit: Bei allen Anrufen wurde von einer gleichzeitigen Einnahme der Präparate abgeraten. Besonders umfangreich hätten Apo-Rot, Eurapon, Europa-Apotheek und Medpex beraten. Apo-Discounter und DocMorris berieten zwar ebenfalls gut – wurden jedoch erst beim siebten Telefonanruf erreicht und daher abgewertet. DocMorris gibt dazu an, dass das Telefonaufkommen zum Zeitpunkt des Tests „deutlich höher als erwartet“ gewesen sei.

Das Gesamtfazit des Tests fällt laut Doc Esser „durchaus positiv“ aus. Allerdings sei die ein oder andere Versandapotheke weniger auskunftsfreudig. Immerhin hatten alle zehn Versender für Paracetamol eine Bestellsperre eingerichtet. „ Auch wenn man manchmal mühselig selbst initiativ werden musste, so kamen doch alle Versandapotheken ihrer Informationspflicht nach.“

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