Abmahnungen

Abmahn-Apotheker ohne Versanderlaubnis

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Berlin -

Bei der Massenabmahnung von Apothekern scheint sich das Blatt schneller zu wenden, als angesichts von tausenden Anwaltsschreiben zu erwarten gewesen war. In manchen Fällen hatten die betroffenen Apotheker oder deren Anwälte noch nicht einmal reagiert, als die gesetzten Fristen schon wieder ausgesetzt wurden. Jetzt wollen Apotheker Hartmut Rudolf Wagner und sein Anwalt Christoph Becker verhandeln. Anscheinend haben die Angreifer gemerkt, dass sie auf nicht allzu festem Grund stehen.

Mehrere tausend Apotheker hatten in der vergangenen Woche Post aus Leipzig erhalten. Wagners Anwalt monierte meist vermeintliche Fehler im Impressum sowie Verstöße gegen das Versandverbot. Nur: Der Apotheker aus Schwäbisch Hall verfügt selbst allem Anschein nach nicht über eine Versanderlaubnis. Damit wäre in vielen Fällen schon das Wettbewerbsverhältnis zu den Abgemahnten gar nicht gegeben.

Das zuständige Regierungspräsidium Stuttgart darf aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben zu einzelnen Apotheken machen. Allerdings sei man verpflichtet, alle Apotheker mit Versanderlaubnis der zuständigen Behörde zu melden, hieß es auf Nachfrage. In diesem Fall ist dies das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), das beim Bundesgesundheitsministerium angesiedelt ist und die offizielle Liste der zugelassenen Versandapotheken führt. Die Brücken-Apotheke aus Schwäbisch Hall ist dort nicht gelistet. Die Liste sei aktuell, heißt es aus dem Regierungspräsidium.

Dem Vernehmen nach hat Wagner eine Versanderlaubnis beantragt, aber noch nicht genehmigt bekommen. Demnach hätte er die meisten Kollegen überhaupt nicht abmahnen dürfen, sofern sie selbst keine Arzneimittel versenden. Vor-Ort-Apotheken stehen nur dann im Wettbewerb, wenn der Abstand zwischen ihnen weniger als fünf Kilometer beträgt.

Abgesehen davon drohen Wagner möglicherweise selbst berufsrechtliche Konsequenzen. Die Telefonnummer seiner Brücken-Apotheke wurde nach den Abmahnungen direkt an die Leipziger Kanzlei „Richtig. Recht.“ weitergeleitet. Kammergeschäftsführer Dr. Karsten Diers zufolge muss eine Apotheke auch telefonisch für Patienten erreichbar sein. Auch die Beratung zu Arzneimittelfragen könne nicht von einer Anwaltskanzlei durchgeführt werden.

Die Berufsordnung in Baden-Württemberg sieht außerdem „kollegiales Verhalten“ vor. Ob womöglich rechtsmissbräuchliche Massenabmahnungen damit vereinbar sind, wird die Kammer wohl ebenfalls prüfen müssen. Es gibt dem Vernehmen nach schon Beschwerden von Kollegen.

Dem Anwalt des Apothekers drohen ebenfalls Konsequenzen. Von Beschwerden bei der Anwaltskammer seitens der mit dem Thema befassten Kollegen ist auszugehen. Manche gehen sogar so weit, Strafanzeige gegen Becker zu stellen – wegen versuchten Betrugs und Erpressung in besonders schwerem Fall.

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