Die Masken-Verteilung sorgt unter Apotheker:innen und PTA für gemischte Gefühle: Von Enthusiasmus über Wut und Fassungslosigkeit ist alles dabei. Mit dem zweiten Coupon endet zum 15. April die kostenlose Ausgabe der FFP2-Masken in den Apotheken. Zeit für ein Resümee.
Die Abgabe der FFP2-Masken lief bundesweit sehr unterschiedlich. Manche Inhaber:innen nutzten die Coupons für Eigenmarketing und eröffneten einen regelrechten Preiswettbewerb. Es wurde auf den Eigenanteil verzichtet, mitunter wurden sogar noch Gratis-Masken verschenkt sowie eine Lieferung angeboten, wenn der Bund-Coupon eingelöst wurde. Andere kritisierten diese Aktionen als „unethisch“. Die Rabattschlachten einzelner Kolleg:innen wurden etwa vom rheinland-pfälzischen Kammerpräsident Peter Stahl mit einem Verhalten „wie auf dem Fischmarkt“ verglichen. Auch die Gerichte beschäftigten sich mit den Masken-Rabatten. Als dann die überraschende Honorarsenkung von 6 Euro brutto auf 3,30 Euro netto von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kam, waren die Schuldigen schnell gefunden.
Apothekerin Eva Tingelhoff aus Beckum zieht eine positive Bilanz: Lediglich die kostenlose Ausgabe im Dezember sei „Wahnsinn“ gewesen. „Das war wie auf dem Markt – rumschreien, keine Stimme und ein wahnsinniges Organisationschaos“, erinnert sich die Apothekerin. Mit der Einführung der Masken-Coupons habe sich die Situation dann entspannt. „Das lief bei uns sehr situiert ab.“
Die Kürzung des zweiten Masken-Coupons empfand die Apothekerin jedoch als „Schlag ins Gesicht“ – obwohl es immer noch eine sehr gute Vergütung sei. „Ich kann schon verstehen, dass die Presse uns da manchmal sehr schlecht hat dastehen lassen. Klar steckt da Arbeit hinter, aber es war schon viel Geld was wir bekommen haben – das muss man ganz ehrlich sagen.“
Schätzungsweise 5000 Masken hat die Apotheke jetzt noch übrig. Für Tingelhoff jedoch kein Grund für Unmut: „Da wir noch eine lange Maskenpflicht haben werden, bin ich mir sicher, dass wir die noch wegbekommen. Ansonsten werde ich sie spenden.“ Insgesamt ist die Apothekerin „vollends zufrieden“.
In Hennigsdorf zieht Apothekerin Katharina Douglas ein gemischtes Resümee: „Die erste Phase war wirklich erschreckend“, findet sie. Dennoch fand sie die Idee grundsätzlich gut. „Gerade am Anfang waren die Masken sehr teuer und deshalb nicht für jeden zugänglich.“ Doch die Spontanaktion habe auch sie vor extreme Herausforderungen gestellt. „Innerhalb von zwei Tagen mussten Masken bestellt werden und vor Ort sein.“ Anfangs habe man noch KN95-Masken verteilt. „Bis dann dieser Fernsehbericht kam und ständig zu Diskussionen geführt hat“, erklärt Douglas.
Auch in puncto Vergütung habe man lange im Dunkeln getappt. Außerdem habe der Konkurrenzkampf durch verschiedene Aktionen die Zeiten ordentlich aufgewühlt. „Mein Vater sagte schon immer ‚Der Apotheker ist sein größter Feind‘ – das zeigte sich auch bei der Masken-Verteilung, bei der es viele Querschläger gab.“
Dennoch zieht Douglas insgesamt ein positives Fazit: „Im Nachhinein kann man nur sagen, dass es eine gute Zeit für uns war“, findet sie. Restbestände hat sie in ihren Apotheken so gut wie nicht. „Ich habe scheinbar ganz gut gerechnet und in letzter Zeit dann auch nur noch wöchentlich kleinere Mengen geordert“, erklärt die Apothekerin. Allerdings kenne sie viele Kolleg:innen, die ihre Lager noch voll haben.
Für die Laurentius Apotheke in Mönchengladbach bedeutete die Maskenabgabe wie in vielen anderen Betrieben ordentlich Mehraufwand. Generell sei die Verteilung sehr unorganisiert gewesen – „sowie alles, was diese Regierung derzeit plant“, kritisiert Pech. Das Team hätte sich einen Vorlauf von zwei Wochen gewünscht. „Es war sehr alles schlecht bis katastrophal geplant.“ Das einzig Positive: „Die Vergütung hat geklappt und die Pauschale war zügig auf dem Konto.“
„Allein, dass die Verordnung an dem Dienstagnachmittag im Dezember erst nachmittags kam und rückwirkend galt, machte alles sehr kompliziert.“ Es sei keine Zeit gewesen, die Verteilung vorzubereiten. „Wir mussten damals die Masken per Expressversand bestellen, damit wir sicher sein konnten, dass die Ware rechtzeitig ankam.“ Das sei teuer und nervenaufreibend gewesen. „Wir sind damals zum Beispiel auch extra nach Pulheim gefahren, um dort noch zusätzliche Masken zu holen, da das Expresspaket nicht ankam. Im Dezember waren die Paketdienstleister ja alle ohnehin schon überfordert.“
Unklar sei auch gewesen, wie viele Menschen den Coupon bekommen und wie viele davon auf die Apotheke fielen. „Wir haben von der Treuhand berechnen lassen, dass wir etwa 1450 Personen versorgen müssen.“ Beim ersten Coupon wurden faktisch 1302 Personen versorgt, beim zweiten seien es mit 779 nur etwa die Hälfte der Vorhersage gewesen. 326 Arbeitslosengeld-II-Empfänger hätten Masken abgeholt. Insgesamt seien 18.500 Masken abgegeben worden. „Und 1600 haben wir noch übrig. Auf diesen werden wir wohl sitzen bleiben, da kaum einer mehr eine FFP2-Maske in der Apotheke kauft, da die meisten Supermärkte diese zu Dumping Preisen anbieten.“
Auch der Datenschutz habe gehörig Mehraufwand verursacht, sagt Pech. „Wir haben anfangs die Personalausweise kopiert, einfach auch um Zeit zu sparen, dann hieß es, man darf dies nicht, es sei verboten.“ Da die Abda erst sehr spät eine Vorlage zur Verfügung gestellt habe, wurde ein eigener Zettel für die Daten genommen.
Das Team verband die Maskenabgabe mit einer Gutschein-Aktion. Im Dezember erhielten Kunden für den ersten Coupon 5 Euro geschenkt. „Etwa Ende Januar haben wir damit aufgehört, weil das Urteil des OLG dies ja untersagt hat und es für einige Verwirrung gesorgt hat“, sagt Pech. Der Eigenanteil musste immer bezahlt werden. Die Gutschein-Aktion sei sehr gut angekommen. Die Pharmazeutin hält es für unfair, dass chronisch Kranke einen Eigenanteil zahlen mussten, Arbeitslosengeld-II-Empfänger dagegen nicht: „Entweder nimmt man von beiden Gruppen einen Eigenanteil von 2 Euro oder von keiner. Aber diese Zwei-Klassengesellschaft ist nicht sozial und fördert den Unmut in der Bevölkerung.“
„Sowohl die Briefe für die Arbeitslosengeld-II-Empfänger als auch die Coupons kamen teilweise viel zu spät bei den Kunden an, was für Unmut sorgte.“ Viele Kunden hätten erst Mitte bis Ende Januar die Coupons erhalten. In dem Schreiben der Krankenkasse habe zudem gestanden, dass sie auch einen Anspruch auf drei kostenlose Masken hätten. „Die Kunden haben nicht verstanden, dass die Aktion nur bis Anfang Januar gültig war.“ Auf Rückfragen der Versicherten habe die Kasse an die Apotheke verwiesen: „Wir sollten die Masken einfach rausgeben, was zu erneuten unnötigen Diskussionen mit dem Kunden geführt hat. Da wir ja nach der Frist keine Chance haben dies abzurechnen.“
Gute Erfahrungen mit den Kunden hat hingegen Mario Spieker gemacht. „Die Aktion wurde bestens angenommen“, sagt der Inhaber der Markt-Apotheke Köln-Porz. Diskussionen hatte er eher wegen der Rabatt-Aktionen vieler Kollegen, „die mit aller Macht veruscht haben, so viele Scheine wie möglich abzugreifen“. Dadurch sei viel Potenzial verspielt worden. „Wir hätten den Apotheken so ein gutes Image geben können, indem wir ganz Deutschland mit kostenlosen Masken versorgen. Stattdessen gab es Diskussionen über Preise und Rabattaktionen.“ Das Urteil des OLG bfürworte er deshalb ausdrücklich: „Das war wichtig, um manchen Kollegen zu zeigen, dass sie eben nicht alles machen können. Klar sind wir Kaufleute, aber es gibt auch ein gewisses Arbeitsethos, das wir einhalten sollten.“
Immerhin blieb Spieker anders als manche Kollegen nicht auf Masken sitzen. „Wir hatten einen verlässlichen Lieferanten vor Ort, bei dem wir täglich abrufen konnten. Von daher hatten wir immer genug Masken da und konnten auch sehr gut kalkulieren, sodass keine Masken übrig geblieben sind.“ Nachdem es in den letzten Wochen etwas ruhiger geworden war, habe er in den vergangenen Tagen nochmal einen kleinen Run auf die Masken erlebt – viele Kunden hätten noch Scheine gehabt, die sie vor Ablauf der Frist noch einlösen wollten. Im Großen und Ganzen sei es eine „lohnende Aktion“, auch wenn die schlechte Presse und der brancheninterne Streit unnötig gewesen wären. „Es ist schade, dass die, die es gut machen, im selben Topf landen wie die, die es schlecht machen“, sagt er.
Auch die Versandapotheken warben mit Aktionen um die Coupons. Die Nachfrage lag bei der Berliner Online-Apotheke Aponeo offenbar unter den Erwartungen. Denn der Betrieb von Konstantin Primbas will aktuell die FFP2-Masken loswerden: Kunden werden 20 FFP2-Masken gratis versprochen, wenn sie für einen Einkauf mehr als 79 Euro ausgeben.
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