Gesundheitsämter verhängen Strafen

Masern: „Schulpflicht bricht Impfpflicht“

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Berlin -

Wegen fehlender Masernimpfung bei Schulkindern haben Sachsens Behörden in den vergangenen Jahren Hunderte Bußgelder gegen Eltern verhängt. Der Landkreis Mittelsachsen berichtet auf dpa-Anfrage von 185 Bußgeldbescheiden in den vergangenen zwei Schuljahren, der Kreis Görlitz von 314 verhängten Bußgeldern 2023, die Stadt Leipzig im selben Jahr von 184 Ordnungswidrigkeitsverfahren, die hierzu eingeleitet wurden. Seit März 2020 müssen Kinder, die eine Einrichtung wie Kindergarten, Hort oder Schule besuchen, gegen das hoch ansteckende Virus geimpft sein. Im Vogtland war es jüngst zu einem größeren Ausbruch gekommen. Laut Gesundheitsamt waren die betroffenen Kinder nicht ausreichend geimpft.

Während in Kindergärten und Horten ein Betretungsverbot ausgesprochen werden kann, wenn Kinder nicht geimpft sind, ist bei Schulen die Lage komplizierter. „Schulpflicht bricht Impfpflicht“, erklärte das Kultusministerium auf Anfrage. Daher müssten auch ungeimpfte Kinder von Schulen aufgenommen werden. Doch melden die Schulen dies den Angaben zufolge an die Gesundheitsämter, die dann Bußgelder gegen die Eltern verhängen können.

Die können bis zu 2500 Euro betragen, fallen aber meist geringer aus. Das Landratsamt Bautzen etwa sprach von Beträgen zwischen 50 und 200 Euro bei den mehr als 300 im vergangenen Jahr verhängten Bußgeldern, das Landratsamt Pirna von 250 Euro (79 Bußgelder 2023). „In der Kita gibt es keine Besuchspflicht“, so das Ministerium. „Daher ist die Aufnahme der Kinder ohne Masernimpfung zu verweigern.“

In solchen Fällen haben die Ämter im vergangenen Jahr zahlreiche Betretungsverbote ausgesprochen. Im Landkreis Bautzen waren es 13, in Dresden seit der Umsetzung des Masernschutzgesetzes 39, von denen 26 wieder aufgehoben wurden. Die Mehrzahl dieser Kinder sei zweifach geimpft gewesen, doch hätten es die Eltern trotz mehrfacher Aufforderung versäumt, den Nachweis vorzulegen, erklärte die Stadtverwaltung. „Für 13 Kinder besteht aktuell das Betretungsverbot fort.“ In Chemnitz wurden voriges Jahr 50 Kita-Kinder ohne Nachweis einer Immunität gegen Masern dem Gesundheitsamt gemeldet. Dem Gesundheitsamt Leipzig liegen nach Auskunft der Stadt dagegen keine Angaben hierzu vor.

Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine zweifache Impfung in Kombination von Masern, Mumps und Röteln für alle Kinder. Babys und Kleinkinder sollen die erste Impfung im Alter von 11 bis 14 Monaten erhalten, die zweite mit 15 bis 23 Monaten. Auch Erwachsenen wird eine einmalige Impfung empfohlen, wenn sie nach 1970 geboren sind und ihr Impfstatus unklar ist oder sie in der Kindheit keine oder nur eine Impfung erhalten haben.

Mit Blick auf die Masernimpfpflicht bei Kindern in Kindergarten, Schule und Hort bietet der Landkreis Zwickau Beratungsgespräche an. Doch nur vier Prozent der Nachweispflichtigen nutzten das Angebot. Häufig gehe es in den Gesprächen etwa um die Sicherheit der Impfstoffe, die mögliche Höhe von Bußgeldern, die Sinnhaftigkeit der Nachweispflicht oder die Vereinbarkeit der Impfung mit dem eigenen Glauben, informierte Landkreissprecher Sebastian Brückner. Die Reaktionen reichten von Resignation bis hin zu Aggression. „In der Regel, so unser subjektiver Eindruck, kann jedoch nur wenig Verständnis für die Nachweispflicht aufgebracht werden.“ Im Landkreis Zwickau wurden voriges Jahr 254 Verfahren eingeleitet, weil entsprechende Nachweise nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt wurden. Das wird dann als Ordnungswidrigkeit verfolgt.

Ende Februar hatte das Gesundheitsamt des Vogtlandkreises einen größeren Ausbruch der Masern bei zwölf Kindern im Alter von einigen Monaten bis 13 Jahre gemeldet. Der hat sich inzwischen ausgeweitet. In dieser Woche seien zwei weitere Kinder erkrankt, teilte das Landratsamt am Freitag auf Anfrage mit. Die Rede ist von milden Krankheitsverläufen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten sie zum Zeitpunkt der Ansteckung Kontakt zu den beiden zuvor betroffenen Familien gehabt. Beide neu erkrankten Kinder seien nicht schulpflichtig und gingen nicht in den Kindergarten.

Auch wenn es nach wie vor Eltern gibt, die sich gegen die Masernimpfung ihrer Kinder sperren, hat sich die Impfrate nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums „erfreulich positiv entwickelt“. Dabei bezieht es sich auf Daten aus den Schuleingangsuntersuchungen. Während es bei anderen Impfungen wie Polio, Tetanus und Keuchhusten Rückgänge gebe, sei die Rate bei Masern seit 2019 gestiegen. Demnach lag sie für die 1. Impfung zuletzt bei 99,2 Prozent, für die 2. Impfung bei 95,6 Prozent. Einen ähnlichen Trend zeigten Auswertungen bei Vierjährigen in Kindertagesstätten sowie Sechstklässlern in Schulen.

Die insgesamt niedrigen Fallzahlen sowie die Umstände bei dem jüngsten Ausbruch im Vogtland belegten die Wirksamkeit des Masernschutzgesetzes, Infektketten zu unterbinden, resümierte das Gesundheitsministerium.

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