Weil zwischen verschiedenen Medikamenten sowie zwischen Arznei-, Nahrungsergänzungs- und Lebensmitteln verschiedene Wechselwirkungen möglich sind, ist die richtige Beratung das A und O. Wie gut Apotheken dabei abschneiden, hat das Verbrauchermagazin „Marktcheck“ (SWR) überprüft.
Etwa jede zehnte Krankenhauseinweisung wird durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen notwendig. Oftmals sind Wechselwirkungen der Grund. In den Apotheken werden Interaktionen erkannt und schließlich vermieden. Doch ob diese bei der Beratung zu Wechselwirkungen überzeugen können, wollte „Marktcheck“ herausfinden und hat dafür Stichproben in Vor-Ort- und Online-Apotheken durchgeführt, und zwar mit der Kombination aus Clarithromycin und Quetiapin.
Quetiapin wird zur Behandlung von Schizophrenie sowie manischen und depressiven Episoden eingesetzt. Der Wirkstoff gehört zu den atypischen Neuroleptika und blockiert vor allem Dopamin-D2- und Serotonin-5HT2-Rezeptoren.
Clarithromycin zählt zu den Makrolid-Antibiotika und wird zur Behandlung verschiedener bakterieller Infektionen wie beispielsweise der Atemwege, des Hals-Nasen-Ohren-Bereichs oder der Haut eingesetzt. Der Wirkstoff ist ein säurestabiles Methylderivat von Erythromycin mit bakteriostatischen und bakteriziden Eigenschaften – sowohl gegen grampositive als auch gramnegative Keime.
Eine gemeinsame Anwendung der beiden Wirkstoffe ist kontraindiziert. Der Grund: Clarithromycin kann zu einer Wirkverstärkung von Quetiapin führen. Denn das Neuroleptikum wird über Enzyme der Cytochrom-P450-Familie, genau CYP3A4, metabolisiert. Das Antibiotikum fungiert wiederum als CYP-Inhibitor, wodurch der Abbau von Quetiapin gehemmt wird.
Neben einer Wirkverstärkung mit oft nicht bekannten Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden kann es zudem zu Herzproblemen oder Ohnmachtsanfällen kommen, warnt Apotheker Christof Mühlschlegel, Beiratsmitglied im Landesapothekerverband Baden-Württemberg, im Beitrag.
In fünf Apotheken vor Ort wurde dafür ein Rezept über Clarithromycin und Quetiapin vorgelegt. In zwei der überprüften Apotheken wurde direkt auf mögliche Wechselwirkungen hingewiesen und vor den entsprechenden Folgen bei einer gleichzeitigen Anwendung gewarnt. Außerdem wurde der vermeintlichen Patientin angeboten, Arztrücksprache zu halten, um eine alternative Behandlungsoption zu finden.
In zwei weiteren Apotheken sah es jedoch anders aus. Dort wurde zwar auch auf mögliche Wechselwirkungen hingewiesen – allerdings erst, nachdem die Patientin aktiv nachgefragt hatte, ob eine gleichzeitige Einnahme mit Wechselwirkungen verbunden sein kann.
Doch damit nicht genug. In der fünften Apotheke bekam die Kundin beide Arzneimittel ausgehändigt, und zwar zunächst ohne weitere Beratung. Erst auf Nachfrage zur korrekten Einnahme wurde ihr erklärt, wie die jeweiligen Präparate anzuwenden sind. Auf Wechselwirkungen wurde dabei jedoch noch immer nicht eingegangen. Im Gegenteil: Selbst die erneute Nachfrage, ob eine parallele Einnahme ohne Risiken möglich sei, wurde bejaht.
Auch Versender wurden hinsichtlich ihrer „Beratung“ zu Wechselwirkungen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Im „Wechselwirkungscheck“ auf den Webseiten wurde bei der gewünschten Kombination aus Clarithromycin und Quetiapin eine Warnmeldung angezeigt. Zudem war in den Arzneimittellieferungen mitunter ein Warnzettel enthalten. „Besser als nichts, aber die direkte Hilfe durch den Apotheker ersetzt dies nicht immer“, so das Fazit der Tester.
Da jedoch auch die Vor-Ort-Apotheken nicht immer überzeugen konnten, lautet die Empfehlung von „Marktcheck“: Um Wechselwirkungen zu vermeiden, sollten sich Patient:innen nicht allein auf die Beratung in der Apotheke verlassen, sondern sich stattdessen immer auch selbst über verordnete Arzneimittel und die Kombination verschiedener Präparate informieren und im Zweifel aktiv in der Apotheke nachfragen. „Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist immer besser“, so Gesundheitsexperte Dr. Lothar Zimmermann.