Wer im Kasseler Marienkrankenhaus stationär aufgenommen wird, dem wird mit einem Stäbchen ein Abstrich von Rachen- und Nasenschleimhaut abgenommen. Seit September 2015 werden in dem nordhessischen 300-Betten-Haus alle Patienten auf einen gefährlichen Keim getestet, den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Er kann unter anderem zu Wundinfektionen und Lungenentzündungen führen. Intensivpatienten werden zusätzlich auf Multiresistente gramnegative Stäbchen (MRGN) untersucht, die gegen mehrere Antibiotika-Gruppen resistent sind. Nun liegen erste Ergebnisse des Screening-Programms vor.
Danach wären rund 10 Prozent der MRSA-Träger mit den Standard-Verfahren nach Richtlinien des Robert Koch-Instituts nicht erfasst worden, sagte Krankenhaus-Geschäftsführer Michael Schmidt. Von den 9237 im Jahr 2016 untersuchten Patienten hatten 149 einen positiven Befund auf MRSA. Von letzteren wiederum wären 14 Patienten, eben rund zehn Prozent, über das Standard-Verfahren nicht erfasst worden. Hochgerechnet auf die Krankenhauspatienten in ganz Deutschland ergebe das um die 30.000 Patienten, die unerkannt MRSA in die Kliniken tragen, sagte Schmidt.
Ob die Kasseler Ergebnisse auf andere Krankenhäuser übertragbar sind, ist aufgrund der schlechten Datenlage schwer abzuschätzen. Denn nur wenige Kliniken haben ähnliche Programme etabliert. „Viele Kliniken messen zu wenig und übermitteln dem Robert Koch-Institut dann entsprechend niedrige Zahlen“, sagt Andreas Bastian, Chefarzt am Marienkrankenhaus. Verwunderlich ist das zumindest unter finanziellen Gesichtspunkten nicht – die Kosten für das Screening-Programm belaufen sich in Kassel auf eine Viertel Million Euro pro Jahr. Dazu gebe es keine direkte Refinanzierung, sagte Schmidt.
„Es ist klar, dass es MRSA-Träger gibt, die man mit einem normalen Screening nicht erkennt“, sagte eine RKI-Sprecherin. Die Richtlinie sei als Minimal-Empfehlung zu verstehen. Ein komplettes Screening sei jedoch sehr aufwendig umzusetzen. „Es bleibt eine Abwägung jeder Klinik, alle Patienten zu testen oder eben nicht.“
Im Rahmen des Intensiv-Patienten-Screenings wurden 2016 in Kassel zudem insgesamt 653 Patienten auf MRGN untersucht. Bei 65 Patienten, also 10 Prozent, fiel der Test positiv aus. Bereits seit einiger Zeit warnen Experten vor einer Zunahme der MRGN-Fälle. „Für sich genommen machen diese Erreger, die auch natürlicherweise im Darm vorkommen, nicht krank. Problematisch wird es, wenn geschwächte Patienten eine Lungenentzündung entwickeln, denn diese sind dann kaum noch zu behandeln“, erklärte Chefarzt Bastian.
Wenn bei einem stationären Patienten der Klinik MRSA nachgewiesen wurde, läuft eine Routine an – Sanierungsversuch genannt. Neben Infomaterial zu multiresistenten Keimen kommt ein ganzes Set zum Einsatz: Gurgel-Lösung, Nasensalbe, Shampoo – alles antiseptisch.
Wie Brillen, Prothesen, Bettwäsche und Zahnbürsten am besten gereinigt werden, weiß Hygienefachkraft Ruth Dallig. „Eine Zahnbürste kann einfach in die Spülmaschine gestellt und bei 65 Grad gespült werden.“ Grundlegend sei die Hand-Hygiene. „Händewaschen ist die effektivste Maßnahme, um die Verbreitung dieser Erreger zu verhindern.“
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