„Apothekerbande“ vor Gericht APOTHEKE ADHOC, 07.01.2015 09:08 Uhr
In Mainz müssen sich ab der kommenden Woche vier Apotheker wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs vor dem Landgericht verteidigen. Ihnen wird vorgeworfen, Arzneimittel falsch abgerechnet zu haben. Den Krankenkassen soll dadurch ein Schaden von 380.000 Euro entstanden sein.
Vor Gericht stehen zwei Inhaber einer Apotheke in Mainz sowie zwei bei ihnen angestellte Apotheker. Sie sollen zwischen 2005 und 2009 in 78 Fällen für das Ausland hergestellte und in Deutschland nicht zugelassene Zytostatika verwendet und zu Listenpreisen mit den Kassen abgerechnet haben.
Bis vor einigen Jahren hatten verschiedene Zyto-Apotheker preiswertere Präparate aus dem Ausland für die Herstellung von Parenteralia verwendet. Sie beriefen sich darauf, dass es sich bei der Zytostatikaherstellung um eine Rezeptur handele, für die auch nicht zugelassene Inhaltsstoffe verwendet werden dürften. Viele Pharmazeuten bezogen die Arzneimittel bei einem Pharmahändler im dänischen Holmsland, der schließlich selbst Anzeige erstattete. Im September 2007 hatte die federführende Staatsanwaltschaft Mannheim die Ermittlungen aufgenommen.
Im selben Jahr ging bei einer Krankenkasse ein Hinweis zu den Mainzer Apothekern ein. Daraufhin nahmen die Kasse und die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf. Im nun beginnenden Verfahren gegen die vier Apotheker sind bislang drei Verhandlungstermine bis Mitte Februar angesetzt.
Die Beschuldigten müssen sich nicht nur wegen der falsch abgerechneten Zytostatika verteidigen. Ihnen wird in zwölf weiteren Fällen vorgeworfen, bei der Abrechnung betrogen zu haben: In einigen Fällen sollen sie Arzneimittel eines Herstellers zu einem Bruchteil ihres Preises eingekauft und zum Listenpreis abgerechnet haben. In anderen Fällen sollen sie statt des abgerechneten Präparats wirkstoffgleiche und billigere Arzneimittel anderer Hersteller an Patienten abgegeben haben.
Im Fall von drei anderen Apothekern, denen ebenfalls vorgeworfen worden war, bei der Zytostatikaherstellung nicht zugelassene Arzneimittel verwendet zu haben, hatte der Fünften Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) zuletzt zugunsten der Apotheker entschieden: Die Richter waren überzeugt, dass sich die Pharmazeuten in der Einschätzung der Rechtslage geirrt hätten.
Auch die Krankenkassen seien davon ausgegangen, dass es sich bei der Herstellung von Zytostatika um eine Rezepturherstellung handele, so die Richter. Dabei komme es aber nicht darauf an, ob die verwendeten Mittel in Deutschland zugelassen seien oder nicht. Offen ließ der BGH, ob die Zytostatikaherstellung als Rezeptur oder Rekonstitution zu bewerten sei. Der Erste Strafsenat hatte 2012 entschieden, dass die Verdünnung mit Kochsalzlösung keine Rezeptur sei und daher nur zugelassene Fertigarzneimittel verwendet werden dürften.