Mutters Apotheke übernommen, zwei eigene aufgegeben Eugenie Ankowitsch, 16.07.2017 15:16 Uhr
Immer weniger Apotheker geben sich mit einer Apotheke zufrieden. Mehrere Filialen sind längst keine Seltenheit mehr. Manch einem „Clan“ gehören acht Apotheken oder mehr. Da wirkt die Entscheidung von Tina Beitz, ihre zwei Apotheken aufzugeben, um sich auf die Apotheke ihrer Mutter konzentrieren zu können, wie aus der Zeit gefallen. Sie will nicht mehr Managerin sein, sondern das, was ihren Beruf ausmacht: Apothekerin, die jeden Tag für ihre Kunden da ist.
In wenigen Tagen übergibt Beitz die Räume ihrer Herz-Apotheke an den Vermieter. Geschlossen wurde die Apotheke allerdings bereits Anfang Juli. Der künftige Arbeitsplatz der Apothekerin befindet sich seitdem nur 250 Meter weiter in der Stern-Apotheke, die bisher von ihrer Mutter Renate Kistenpfennig stolze 47 Jahre lang geführt wurde. „Ich habe mich ganz bewusst dagegen entschieden, nach dem Rückzug meiner Mutter alle drei Apotheken zu betreiben, und will mich fortan auf die traditionsreiche Stern-Apotheke konzentrieren“, sagt sie.
„Ich empfinde Filialen als schwierig“, führt sie aus. „Man muss ja jede Filiale als eigenständige Apotheke führen.“ Man habe zwar gewissen Vorteile beim Einkauf, man müsse aber auch solche Vorrichtungen wie Labor doppelt und dreifach je nach Anzahl der Apotheken vorhalten. „Als die Gesetzesänderung kam, wollte ich es ausprobieren“, erinnert sie sich. „Das war am Ende nicht so einfach, wie ich mir gedacht habe“.
Der Verwaltungsaufwand nehme außerdem mit jeder weiteren Filiale zu. „Am Ende verbringt man mehr Zeit mit Verwaltungsaufgaben und Organisation“, berichtet Beitz. „Das mögen einige Kollegen. Es ist auch okay. Aber mein Ding ist es eher nicht. Ich freue mich sehr darauf, wieder mehr mit Kunden zu kommunizieren.“ In den vergangenen Jahren sei es zu kurz gekommen. „Ich wollte das, was unseren Beruf ausmacht, wieder mehr leben“, sagt sie. Auch will sich die Apothekerin mehr Zeit für Fortbildungen nehmen. Dafür habe sie in den vergangenen Jahren kaum Zeit gehabt. „Das, was ich gelernt hab, möchte ich dann in die Apotheke tragen“, sagt sie. Diabetes, Ernährung und Homöopathie stehen ganz oben auf der Fortbildungsliste. Auch Vorträge soll es in der Stern-Apotheke künftig öfter geben.
Während die Herz-Apotheke geschlossen wird, konnte sie ihre zweite Apotheke, die in Mainzer Innenstadt gelegene DocCity-Apotheke, an eine ehemalige Mitarbeiterin verkaufen. „Sie hatte Interesse, die Apotheke zu übernehmen. Ich habe die Gelegenheit ergriffen, weil ich nicht sicher bin, ob es in Zukunft überhaupt noch geklappt hätte“, sagt Beitz. Denn es werde immer schwieriger, einen Nachfolger beziehungsweise einen Käufer für eine Apotheke zu finden. Auch die Herz-Apotheke sollte verkauft werden. Doch es fand sich kein Interessent. Was aus den Räumlichkeiten werde, sei noch nicht klar.
Sollte dort doch noch eine Apotheke einziehen, hat die Pharmazeutin keine Angst vor der Konkurrenz. „Wir brauchen es nur besser machen, dann kommt die Kunden zu uns“, sagt sie selbstbewusst. Jede Apotheke wird es auch sehr schwer haben, neben der Traditionsapotheke zu bestehen. „Für die Menschen hier sind wir keinesfalls eine Medikamentenausgabestelle, sondern eher eine Art Auskunft für alle gesundheitliche Belange“, scherzt Beitz. Vor allem ältere Menschen und türkische Einwanderer würden in der Gegend wohnen „Da, wo wir sind, muss man richtig was tun.“
Mit der Schließung der Herz-Apotheke geht die Geschichte einer ganz besonderen Apotheke zu Ende. Um 1900 wurden in so genannten Mangelgebieten in Mainz zwölf Apotheken von der Stadt gegründet. Eine davon war die nun endgültig geschlossene Herz-Apotheke. Inzwischen trägt keine der Stadt-Apotheken mehr ihren historischen Namen. Viele davon wurden mittlerweile ganz geschlossen.
Die Herz-Apotheke war – gemeinsam mit der Stern-Apotheke – die erste Apotheke in Mainz, die einen Versandhandel ins Leben gerufen hat. Schon wenige Monate nach dem Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes, das den Versand von Medikamenten in Deutschland erlaubte, verschickte die Herz-Apotheke OTC-Präparate und Kosmetikartikel an ihre Kunden, zunächst auf die nahen Postleitzahlgebieten beschränkt, später auch im ganzen Bundesgebiet.
Schon bald verzichtete die Apothekerin auf den Versand von OTC-Arzneimitteln und konzentrierte sich auf Pflegeprodukte. „Es gehört zu der heutigen Zeit dazu, das man alle Möglichkeiten ausgeschöpft und das Versenden von Artikeln ist ganz sicher eines davon“, sagt sie. „Allerdings empfinde ich zumindest, dass es sich beim Versand von OTC überwiegend um den Preis dreht. Unser Weg ist es nicht.“
Betreut wird der Online-Shop durch den Bruder von Beitz, Lars Kistenpfennig. Zusätzlich hat er vor zwei Jahren direkt neben der Stern-Apotheke ein Fachgeschäft für Naturkosmetik mit Studio eröffnet. Dort können die Kunden Produkte ausgesuchter Hersteller kaufen und verschiedene Gesichtsbehandlungen, Entspannungsmassagen oder Make-up-Beratungen buchen. „Wir haben festgestellt, dass Naturkosmetik immer stärker gefragt ist“, sagt Kistenpfennig. „Aber eine Apotheke kann aus diesem umfangreichen Sortiment natürlich immer nur Ausschnitte anbieten. So kamen wir auf die Idee, uns in einem eigenen Laden auf diese Produkte zu konzentrieren“.