Schließung trotz schwarzer Zahlen

Light-Filialen: Apotheker mit Pieper in der Tasche? Carolin Ciulli, 08.08.2024 15:01 Uhr

Filiale geschlossen: Die Wagrien-Apotheke ist einer der beiden verbliebenen Betriebe von Dörte Rehmert. Foto : Dörte Rehmert
Berlin - 

Eine Light-Apotheke kommt für Inhaberin Dörte Rehmert nicht in Frage – auch wenn sie eine ihrer beiden Filialen jetzt wegen Personalnot schließen musste. „Wie soll das gehen“, fragt sich die Inhaberin der Wagrien-Apotheke in Oldenburg. „Ich kann doch nicht einen Approbierten den ganzen Tag an den Bildschirm setzen. Oder soll er einen Pieper in der Tasche haben, wenn eine PTA eine Frage hat?“

Die Nord-Apotheke in Oldenburg ist nach 55 Jahren geschlossen. Inhaberin Dörte Rehmert übernahm den 1959 gegründeten Betrieb im Jahr 1996. „Mein Vorgänger arbeitet immer noch ein bisschen mit und nimmt noch an allem teil“, sagt sie. Die Schließung geht ihr emotional nah. Dennoch gab es keine Alternative, denn eine Filialleiterin oder einen Filialleiter konnte sie nach langer Suche nicht finden.

Schließung trotz positiver Bilanz

„Wir kriegen keine Leute, schon gar nicht auf dem Land“, sagt sie. Die Nord-Apotheke sei baulich am schlechtesten gewesen und deshalb geschlossen worden – obwohl sie schwarze Zahlen schreibe. Die Stammkundenzahl sei groß und viele hätten bereits ihre Treue gezeigt, in dem sie in die verbliebenen beiden Apotheken gingen. „Es zeichnet sich ab, dass uns viele erhalten bleiben.“

Was ebenfalls bleibt, ist das Personalproblem. Rehmert hat einen angestellten Approbierten, der ihre Filiale leitet und zwei Teilzeit-Apothekerinnen. Beide Apotheken hätten 54 Stunden pro Woche geöffnet, da bleibe wenig Zeit. „Ich bin seit zweieinhalb Jahren hier alleine in der Apotheke.“ Bei durchschnittlich 35 Nacht- und Notdiensten pro Jahr müsse der Beruf schon Berufung sein, betont sie. „Wenn ich es nicht aus Leidenschaft machen würde, könnte ich es nicht. Ich werde bis zuletzt für die Vor-Ort-Apotheke kämpfen.“

Wut auf Lauterbach

Deshalb ärgert sie sich auch so über den Vorstoß in der Apothekenreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), auf Apotheken ohne Approbierte zu setzen. „Wir sind für Neuerungen offen, aber er hat sich irgendwelche Sachen in den Kopf gesetzt und meint, es funktioniert. Ich hoffe auf ein Bollwerk an Gegenwind. Wir brauchen keinen Gesundheitsminister, der keine Ahnung von der Praxis hat.“

Denn es sei – gerade auf dem Land – nicht genug Personal vorhanden, um eine Apothekerin oder einen Apotheker für Telepharmazie abzustellen. Das blockiere eine Arbeitskraft. Die Inhaberin betont, dass sie, wenn sie beispielsweise mit einer PTA am HV alleine sei, immer ein Ohr am benachbarten Kassenplatz habe. „Wird eine Frage gestellt, kann ich schnell antworten.“ So einen Vorschlag wie Lauterbach ihn bringe, könne nur jemand machen, der die Abläufe nicht begreife. „Sein Verhalten ist unserer Berufsgruppe gegenüber degradierend.“