Antibiotika fallen reihenweise aus

Lieferengpässe: „Auf uns wollte keiner hören“

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Berlin -

Aktuell reiht sich eine Meldung zu Lieferengpässen an die nächste. Besonders Antibiotika sind knapp. Die Situation ist vor allem in notdiensthabenden Apotheken schwer abzufedern: „Im Notdienst verzweifelte Eltern erneut zurück zur Klinik zuschicken, weil ein antibiotischer Saft fehlt, ist ein großes Problem“, sagt Reinhard Rokitta, Inhaber der Punkt Apotheke in Bünde.

Rokitta hatte vergangene Woche einen Notdienst, in dem er seinen letzten Amoxi 500 Trockensaft abgegeben hat. Diese antibiotischen Säfte, die vorrangig kranken Kindern verordnet werden, sind derzeit von massiven Lieferengpässen betroffen. „Ein Anrufer hatte gegen 20 Uhr noch Glück. Ich konnte meinen letzten Amoxicillin-Saft für ihn reservieren. Ein Patient, der kurz danach anrief und nach demselben Saft fragte, ging leer aus.“ Die notdiensthabenden Apotheken liegen zudem mitunter 20 km weit auseinander. „Die Eltern müssen unter Umständen mitten in der Nacht zur nächsten Apotheke fahren, oder zurück in die Klinik. Manchmal sind das mehr als 20 km Weg, den die verzweifelten Eltern dann auf sich nehmen“, so Rokitta.

Aktuelle Datenbank könnte vieles erleichtern

Eine mögliche Lösung dieser Unannehmlichkeiten wäre dem Apotheker zufolge eine aktuelle Datenbank der Lieferengpässe, auf die die Verschreibenden Zugriff hätten: „Das Problem verlagert sich leider nur von der Klinik in die Apotheke. Ein dringend benötigtes Medikament wird verschrieben, ohne nachzuschauen, ob es überhaupt lieferbar ist. Ich habe das Gefühl, in den Kliniken werden die Engpässe gar nicht präsent abgebildet.“ Besser wäre es, entweder gleich eine Alternative zum fehlenden Wirkstoff aufzuschreiben, oder telefonisch mit der Notdienst-Apotheke abzuklären, ob die Verschreibung vorrätig sei, schlägt Rokitta vor.

„Es halten sich alle bedeckt"

„Es existiert keine Datenbank, wann fehlende Medikamente wieder lieferbar sind. Die Firmen halten sich meines Erachtens zu bedeckt“. Zudem hätten viele Apotheker:innen das Problem der prekären Lieferengpässe bereits vorhersehen können, so der Inhaber. „Auf uns wollte niemand hören. Die Politik müsste sich konkret äußern, dass nicht wir Apotheker schuld an der ganzen Misere sind, sondern die Mangelwirtschaft. Immer „billig-billig“ rächt sich nun. Wir bekommen den Ärger der Patient:innen zu spüren, nicht die Politiker.“

Apotheken müssen improvisieren

Erst kürzlich äußerte sich der Vizepräsident der Landesapothekenkammer Rheinland-Pfalz, Thomas Christmann, zu der prekären Lage: „Bei dem Wirkstoff Amoxicillin gibt es Engpässe beim Saft für Kinder und den Tabletten für Erwachsene“. Oftmals müssen Apotheken in solchen Fällen improvisieren. „Man hangelt sich durch“, so Christmann. Entweder weiche man auf ein Alternativmittel aus, was aber wiederum mit Blick auf mögliche Resistenzen nicht immer die beste Lösung sei. Oder man schwenke bei der Dosierung um. Wenn es beispielsweise keine Tablette mit 5 mg Wirkstoff gebe, werde es mit zweimal 2,5 mg versucht. „Das kann zu Verwirrung bei den Kunden führen und bedeutet auch mehr Beratungsarbeit für die Apotheken“, sagte er.

Niemand bezahlt den Mehraufwand

Diesen Mehraufwand beklagt auch Rokitta: „Man sucht nicht mal eben schnell für zwei Minuten ein neues Medikament raus. Wir müssen Rücksprache mit den Ärzt:innen halten und wenn möglich nach Alternativen fragen. In den meisten Fällen darf ich auch nicht einfach den Wirkstoff austauschen und muss meine Patient:innen zurück zur Praxis schicken. Diesen zeitlichen Mehraufwand vergütet einem keiner.“

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