Die einzige Apotheke in Leutersdorf sollte zum Jahreswechsel geschlossen werden. Doch der Bürgermeister der kleinen sächsischen Ortschaft setzte alles daran, die Offizin zu erhalten. So kaufte die Gemeinde kurzerhand das Gebäude und vermietete die Apotheke an erfahrene Pharmazeuten aus der Region.
„Die damalige Inhaberin der Apotheke ist im vergangenen Sommer auf mich zugekommen“, erinnert sich Bürgermeister Bruno Scholze (CDU). „Sie hat mich vorgewarnt, dass sie die Apotheke zum Jahresende schließen muss, da sie keinen Nachfolger finden kann“. Als er davon hörte, habe er sofort gehandelt. „Wir haben im Ort nur eine einzige Apotheke und wir brauchen sie auch“, sagt er. Vor allem für ältere Menschen sei eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in benachbarte Ortschaften zur nächsten Apotheke häufig problematisch. Auch für die Arzneimittelversorgung des örtlichen Pflegeheimes sei eine Offizin vor Ort von immenser Bedeutung.
Lange sah es nicht danach aus, dass die Aesculap-Apotheke gerettet werden kann. Scholze hat nach eigenen Angaben mehrere Apotheker aus der Gegend angesprochen, ob sie in Leutersdorf eine Filiale eröffnen wollen. „So einfach, wie ich mir das am Anfang vorgestellt habe, ist es aber offenbar nicht“, gibt der Bürgermeister zu. So habe er beispielsweise nicht gewusst, dass man auch für eine Filialapotheke einen Pharmazeuten braucht, der immer vor Ort ist und die Filiale leitet.
„Zwar hatten wir bald einen Interessenten“, berichtet Scholze. „Allerdings wollte er die Apotheke schließen und nur einen Botendienst für unsere Bürger anbieten“. Darauf wollte sich der Bürgermeister allerdings nur im Notfall einlassen und hatte die Idee, das Gebäude, in dem sich die Apotheke befindet, zu kaufen.
Seine Hoffnung: Es findet sich eher ein Apotheker, wenn er die Räume mieten kann und nicht gleich die ganze Immobilie kaufen muss. Nach dem einstimmigen Beschluss des Gemeinderats hat die Gemeinde das Haus für 100.000 Euro erworben.
Scholze lag richtig mit seiner Vermutung. Denn die Tatsache, dass sie die Räume für die Apotheke lediglich mieten müssen, war für die Apotheker-Geschwister Stephan Hampel und Bettina Lindecke ausschlaggebend für ihre Entscheidung, doch noch die Aesculap-Apotheke zu übernehmen. „Obwohl wir durchaus an den Standort in Leutersdorf glauben, war uns das Risiko eines Immobilienkaufs einfach zu hoch“, erklärt Lindecke.
Die beiden Pharmazeuten kommen aus der Region und sind Apotheker in dritter Generation. Gemeinsam haben sich im Jahr 2004 die Oberlausitzer Apotheken OHG, zu der neben der Hauptapotheke „Apotheke zum Hutberg“ in Herrnhut, und beiden Filialen in Neugersdorf und Cunewalde nun auch die Aesculap-Apotheke gehört. Rund 30 Mitarbeiter sind in der OHG beschäftigt.
Die Vorbesitzerin, Karin Stumpe hat die Apotheke 1991 von einer Treuhandanstalt gekauft. Zur Wende sind die ehemals von Pharmazieingenieuren geleiteten Apotheken an die im Pharmazeutischen Zentrum Zittau tätigen Apotheker verteilt worden. Das war damals notwendig, weil in der Bundesrepublik anders als in der ehemalige DDR ein Apotheker als Inhaber vorgeschrieben ist. Damit die Aesculap-Apotheke auch der bundesdeutschen Apothekenbetriebsordnung entspricht, hat die Pharmazeutin sie 1993/94 umbauen lassen.
Für die Kunden soll sich nichts ändern, versichert Lindecke, die die Apotheke nun leitet. Seit wenigen Tagen steht sie nun hinter dem HV-Tisch und bekommt nach eigenen Angaben nur positives Feedback von ihren Kunden. „Ich wurde hier sehr herzlich aufgenommen. Alle sind sehr glücklich, dass die Apotheke erhalten werden konnte“, berichtet sie. Auch die beiden Mitarbeiterinnen, die Lindecke von der alten Inhaberin übernommen hat, seien zufrieden und hochmotiviert. „Sie hatten ja quasi schon ihre Kündigungen in der Tasche und sind jetzt froh, dass sich doch noch alles zum Guten gewendet hat“, so die Apothekerin.
Auch Bürgermeister Scholze ist froh, dass der Übergang so reibungslos klappt. „Ich habe schon viel positives Echo aus der Bevölkerung gehört. Und auch die Versorgung mit Medikamenten für unser Pflegeheim ist damit weiterhin auf kurzem Wege gesichert“. Das Geld für den Kauf des Apothekengebäudes sei jedenfalls bestens angelegt, ist er überzeugt. In der Arzneimittelversorgung sei eben das Vertrauen sehr wichtig. Das könne aber nur durch den persönlichen Kontakt zum Apotheker vor Ort entstehen.
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