Apothekerin Bianca Schaper legt zwei ihrer drei Apotheken zusammen, um zukunftssicher zu bleiben. Ihr nächster Standort wird das neu gebaute Ärztehaus der baden-württembergischen Stadt Wehr sein. Denn: „Der Standort steht und fällt mit den Ärzten.“ Sie wagt den Schritt auch wegen der daraus entstehenden Vorteile: „Die Zusammenlegung bedeutet zwar einerseits eine Investition, dafür aber auch eine Kosteneindämmmung, weniger Arbeit für mich und personell wird es endlich entspannter“, so die Inhaberin. Zudem sei es ihre letzte Chance als Selbstständige.
Aktuell betreibt Schaper in Wehr die Apotheke am Wehrahof und die Stadt Apotheke Wehr sowie die wenige Kilometer entfernte Adler Apotheke, ebenfalls in der knapp 13.000-Einwohner:innen großen Stadt kurz vor der schweizerischen Grenze. Damit gehören ihr zwar alle der drei Apotheken in der Stadt, sicher für die Zukunft sei das aber nicht zwingend. „Der bisherige Standort wird sich eh nicht mehr lange halten, da der Kinderarzt weg ist“, so Schaper über ihre Hauptapotheke.
Seit etwa drei Jahren läuft das Bauprojekt, für das die Stadt selbst verantwortlich ist. Einziehen sollten zur Miete vor allem neue Ärzte, womit die Stadt dem Ärztemangel entgegentreten wollte. Stattdessen werden nun vor allem die bisher ortsansässigen Praxen mit in das Haus ziehen. Aber auch damit ist Schaper einverstanden, denn die Nähe zu den Verordner:innen zählt vorerst. Und nun habe sie bald alle Praxen der Stadt vor Ort.
Für Schaper hat der Schritt jetzt – beziehungsweise vor etwa drei Jahren, als das Projekt startete – einfach gepasst. Während der Corona-Pandemie wurde klar, dass ihre Apotheke nicht für eine solche Extremlage ausgerichtet ist. „Ich konnte die Kunden nicht schleusen, da ich keinen zweiten Eingang habe.“ Das wird sich am neuen Standort anders gestalten. „Ich will zukunftsfähig sein, solange es eine Zukunft gibt.“ Und eine andere Kollegin oder einen anderen Kollegen hätte sie auch nicht dort einziehen lassen wollen, sodass sie es lieber selbst wagte.
Jetzt freut sie sich auf die neuen, großen Räumlichkeiten. Und noch ein weiteres Problem erledigt sich durch die Zusammenlegung der Apotheke am Wehrahof und der Stadt Apotheke Wehr: „Ich habe keine Personalprobleme mehr, da das Personal zusammenlegt wird.“ Dafür habe sie zwar noch mal ordentlich Geld in die Hand nehmen müssen, „dafür werde ich dann in 20 Jahren hoffentlich noch jemanden finden, der das übernimmt“. Noch hänge sie mit den bisherigen Apotheken in Mietverträgen und hofft nun, schnell Nachmieter zu finden.
Trotz allem Optimismus macht der Apothekerin die Gesamtlage Sorgen. „Wir können wirtschaftlich nicht gegensteuern“, als Inhaber:in sei man einfach ausgeliefert. „Das ist sehr frustrierend gerade. Wir tragen den Kaufmann im Namen, können aber keine kaufmännischen Entscheidungen treffen“, sagt Schaper. Sie sei seit 2011 selbstständig und habe seitdem kaum Möglichkeiten gehabt, sich einen Puffer anzulegen.
Auch das aktuelle Urteil zu Skonti trifft sie. Sie wird jetzt gucken müssen, wie es läuft; sie ist beim Großhändler Sanacorp. „Ich müsste meine ganzen Zahlungsarten umstellen. Ich zahle jetzt so, wie VSA auszahlt – das geht also fast 1:1 weg“, berichtet die Inhaberin. „Wenn die nicht bald die Kurve kratzen, das wenigstens an die Inflation anzupassen“, bezogen auf das Apothekenhonorar, sehe sie schwarz. Sie versucht es nun mit dem Angriff nach vorne. „Das ist noch eine Chance, die ich habe. Die kleinen Apotheken sind nicht zukunftsfähig. Das geht nur über Größe.“
Ein Vorteil habe die Notlage der Apotheken immerhin: „Die Ämter sind inzwischen viel nachsichtiger. Die scheinen glücklich, dass man überhaupt bleibt“, schmunzelt Schaper. Der Beruf mache ihr eigentlich sehr viel Spaß, derzeit jedoch nicht. „Die Stellschrauben werden weniger. Ich kann auch nicht bei den freiverkäuflichen Arzneimitteln die Preise anziehen.“ Da würden die Kund:innen nicht mitmachen. Als ländliche Apotheke hält sie wenig von den aktuellen Umverteilungsplänen. „Diese Umverteilung ist totaler Mist. Denen in der Stadt geht es doch auch nicht besser. Das ist wie Tod auf Raten.“
So schwarz es insgesamt auch aussieht, Schaper versucht positiv in die Zukunft zu sehen. Sie freut sich auf den neuen Arbeitsplatz im Ärztehaus. Die Zusammenlegung am bald fertigen Standort bedeute zwar eine Investition, dafür aber auch eine Kosteneindämmmung, weniger Arbeit für die Inhaberin und personell wird es endlich entspannter. Am 13. Juli soll der mehr als 8 Millionen teure Neubau der Stadt eröffnet werden; Ende Juli, Anfang August findet der Umzug zeitgleich mit der Schließung der Apotheke am Wehrahof statt. Dann eröffnet die Apotheke dort neu als Stadt Apotheke Wehr.
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