Deutschland schneidet im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern bei der durchschnittlichen Lebenserwartung schlecht ab. Grund sei laut einer aktuellen Studie hauptsächlich ein Defizit bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und das Max-Planck-Instituts für demografische Forschung führten eine Studie zur durchschnittlichen Lebenserwartung in Deutschland durch. Die Ergebnisse wurden mit anderen westeuropäischen Ländern verglichen. Das Ergebnis: Deutschland bildet das Schlusslicht. Nur Dänemark und Großbritannien schnitten noch schlechter ab. Vorreiterländer im Bereich Lebenserwartung sind Spanien, die Schweiz und Frankreich.
Für die Erhebung wurden Sterbefälle nach Todesursachen in Deutschland mit sechs ausgewählten Ländern verglichen. Der Altersvergleich zeigt: Bei Männern gibt es bereits ab dem 50. Lebensjahr Lebenserwartungsrückstände gegenüber den Vorreiterländern. Bei Frauen erklärt sich der Rückstand dagegen überwiegend aus erhöhter Sterblichkeit im Alter über 65 Jahren.
Die Ergebnisse lassen den Rückschluss auf Defizite bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu. Erfolgen Diagnosen zu spät, so wird auch eine erfolgreiche Behandlung erschwert. „Unsere Analysen verdeutlichen den Nachholbedarf, den Deutschland in diesem Bereich hat“, so Sebastian Klüsener, Forschungsdirektor am BiB. „Durch eine bessere Vorbeugung von Krankheiten können nicht nur Gesundheitskosten gespart, sondern auch das Wohlbefinden der Bevölkerung gesteigert werden.“
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) „begrüßt die Publikation dieser Studie“ und „die neue Aufmerksamkeit, die das Thema dadurch hoffentlich erfährt“. Laut DGK „beklagen“ die kardiologischen Fachgesellschaften seit Jahren „die Missstände in der Gesundheitspolitik, die Unterfinanzierung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislaufforschung sowie die Defizite hinsichtlich der Aufklärung der Gesellschaft bei Präventions- und Notfallmaßnahmen, (Früh-) Selbst-Diagnostik und der Wahrnehmung von gesundheitsfördernden Angeboten“.
„Prävention ist als Schwerpunkt in Deutschland noch nicht ausreichend etabliert. Als Beispiel sei aufzuführen, dass weniger als 20 Prozent der Hoch-Risiko-Patient:innen für Atherosklerose in Deutschland die gewünschten Zielwerte beim LDL-Cholesterin erreichen“, so die DGK. Defizite gebe es ebenfalls beim in Deutschland nicht etablierten Screening für Herzinsuffizienz: „Obwohl in Deutschland etwa 4 Millionen Einwohner:innen an einer Herzinsuffizienz leiden und diese damit zu den Volkskrankheiten gehört.“
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