Apotheke schließt, Apothekerin bleibt

„Lauterbach tut alles dafür, dass Landapotheken sterben“

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Berlin -

Anneli Matheis aus Bechhofen in der Südwestpfalz trennt sich schweren Herzens von einem ihrer beiden Betriebe. Zum einen ist die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben, zum anderen fehlt ihr das Personal. Dennoch ist der Inhaberin die Arzneimittelversorgung im Heimatort wichtig. Eine Idee, wie dies umgesetzt werden könnte, hat sie schon.

Die von-Sickingen-Apotheke in Bechhofen wird es nicht mehr allzu lange geben. Am 23. Dezember öffnet die einzige Offizin im Ort letztmalig. Dabei steckt so viel Leib und Seele in ihr: „Im April 1981 wurde die Apotheke von meinem Vater eröffnet“, berichtet Anneli Matheis. „Er ist 1987 sehr plötzlich verstorben. Daraufhin studierte meine Mutter Pharmazie, um den Betrieb selbst weiterführen zu können. In der Zwischenzeit musste er verpachtet werden. 1993 konnte meine Mutter die Apotheke schließlich übernehmen.“ 2004 filialisierte sie sich und nahm die Apotheke auf der Atzel in Landstuhl dazu.

Da steckt so viel Herz drin – es ist wirklich schlimm, die von-Sickingen-Apotheke schließen zu müssen.

Matheis selbst hat in Frankfurt am Main studiert. „Da hat mich die ZVS hingeschickt. Ich bin froh, dass es so gekommen ist. Das war eine super Uni.“ Für ihr PJ ist sie zurück in die Heimat gekehrt und hat sowohl sechs Monate in Zweibrücken als auch in Landstuhl in der Apotheke auf der Atzel verbracht. Schließlich übernahm sie dort nach ihrer Approbation 2005 die Filialleitung, bevor sie schließlich zehn Jahre später die beiden Apotheken ihrer Mutter übernahm.

Es fehlt an Approbierten

Im September sei die Entscheidung zur Schließung letztlich gefallen, als klar wurde, dass Matheis in Landstuhl im nächsten Jahr keine Filialleitung mehr haben wird. „Die Suche einer Nachfolge ist extrem schwierig. Es gibt einfach zu wenig Apotheker:innen. Ich suche seit über drei Jahren einen geeigneten Ersatz für meine Mutter, die bislang noch bei mir angestellt ist.“

Matheis beklagt, dass immer mehr Fachkräfte in die Industrie oder in Krankenhäuser abwandern. „Da kann halt besser bezahlt werden. Herr Lauterbach tut wirklich alles dafür, dass die Apotheken auf dem Land sterben.“

Die Leute im Ort seien geschockt über die Schließung der einzigen Apotheke in Bechhofen. „Was ich absolut nachvollziehen kann“, berichtet Matheis. „Damit haben sie nicht gerechnet.“ Weil die Inhaberin vor Ort wohnt und auch dort aufgewachsen ist, sei die Schließung dieses Betriebes nicht in den Köpfen des 2200-Seelen-Marktes gewesen. „Vermutlich hätten sie in dem Fall eher auf Landstuhl getippt. Schließlich wissen alle, dass mein Herz in Bechhofen schlägt."

Sicherheit geht vor

Matheis hat sich nicht nur wegen der personellen Engpässe für eine Apotheke entscheiden müssen. „Ich muss mich am Ende natürlich auch für die entscheiden, die mich ernährt und die mir meine Existenz sichert. Und das ist leider nicht die Apotheke in Bechhofen. Auch wenn da mein Herz dranhängt, weil da bin ich her – mit dieser Apotheke bin ich groß geworden."

Es gibt in Bechhofen nur noch eine einzige Arztpraxis. Damit kann man einfach nicht überleben in der heutigen Zeit, berichtet die Inhaberin. „Das funktioniert leider nicht.“ Die wirtschaftlich sichere Apotheke sei folglich die auf der Atzel.

Sie habe Verantwortung ihrer Familie und auch ihren Mitarbeiter:innen gegenüber. „Es geht einfach nicht mehr. Die von-Sickingen-Apotheke ist wirtschaftlich nicht mehr tragbar mit der Infrastruktur, die gegeben ist. Und letztlich auch, weil das Honorar nicht passt.“

Personal sei ebenfalls kaum übrig, was aus Bechhofen nach Landstuhl ziehen könnte. Eine Kollegin geht in Rente und auch Matheis Mutter soll sich zur Ruhe setzen dürfen. „Lediglich eine PTA geht mit. Mehr ist nicht – wir hatten teilweise schon von der Apotheke in Landstuhl ausgeliehen.“

Herr Lauterbach tut wirklich alles dafür, dass die Apotheken auf dem Land sterben.

Zum Abschied, da ist sich die Inhaberin sicher, werden Tränen fließen. Aber sie erhofft sich auch etwas weniger stressige Zeiten. „Ich habe fast alle Notdienste selbst gemacht. Jetzt wurde das System in Rheinland-Pfalz erneuert und in meinen Augen deutlich verbessert. Ich habe wesentlich weniger Dienste im kommenden Jahr.“ Personell stehe man insgesamt auch etwas besser da: Einerseits, weil nun eine PTA mehr in Landstuhl ist. Andererseits, weil zwei Kolleginnen, die oft in Bechhofen ausgeholfen haben nun mit ihrer gesamte Stundenzahl in der Apotheke auf der Atzel zur Verfügung stehen. „Da ist etwas Entschleunigung ist in Sicht.“

Arzneimittelversorgung weiterhin möglich

Weil es die Von-Sickingen-Apotheke als einzige Apotheke in Bechhofen demnächst nicht mehr gibt, soll die Bevölkerung aber nicht von der Arzneimittelversorgung abgeschnitten sein, sagt Anneli Matheis. Bis zur nächsten Offizin sei es mindestens zwei Dörfer weiter. Unzumutbar für diejenigen, die lediglich ein Fahrrad zur Verfügung haben oder zu Fuß unterwegs sind.

„Es ist mir sehr wichtig, dass ich meinen Ort nicht hängen lasse.“ Es bestehe dank Versandhandelserlaubnis die Möglichkeit, ein Briefkastensystem samt Botendienst einzurichten. „Man erreicht uns ansonsten auch per App. Wir können E-Rezepte beliefern – digital sind wir firm und das funktioniert auch sehr gut. Letztlich gibt es natürlich auch noch ein Telefon – wir sind also nicht aus der Welt. Bechhofen verliert zwar die Apotheke, aber nicht die Apothekerin“, betont Matheis.

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