Die Lausitzer Rundschau wirbt mit einem als Ratgeberartikel getarnten Werbebeitrag für eine britische Online-Apotheke – und sieht sich sich dem Vorwurf ausgesetzt, damit gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstoßen zu haben. In einem Artikel, der vor Fehlern strotzt, wird den Lesern erklärt, warum Versandapotheken besser seien als Vor-Ort-Apotheken. Mitten im Artikel wird dann auf eine Versandapotheke namens Apomeds verlinkt – und zwar direkt zur Bestellung des verschreibungspflichtigen Potenzmittels Cialis. In der Redaktion weiß man anscheinend selbst nicht so genau, was es mit dem Beitrag auf sich hat.
Die ersten beiden Fehler schlagen dem Leser schon in der Überschrift entgegen: „Medikamente per Mausklick – Online Apotheken im Vormasch!“ Darunter findet sich mit Datum vom 26. Juni ein wenig seriös geschriebener Artikel, der erklärt, wie einfach es ist, Arzneimittel online zu bestellen, denn: „Pharmazie Händler oder medizinische Plattformen haben Lücken in Gesetzestexten gefunden und können so legal verschreibungspflichtige Medikamente nach Deutschland verkaufen und das ohne Versandkosten“, so der Text des nicht namentlich genannten Autors.
Doch dass der Urheber des Artikels in sieben kurzen Absätzen allein 17 Kommafehler macht und auch sonst sehr unkonventionell mit der deutschen Sprache umgeht („im Puncto“ statt „in puncto“ beispielsweise), ist noch mit Abstand das kleinste Problem des Artikels. Vielmehr vermittelt der nicht als Werbebeitrag gekennzeichnete Text dem Leser mit äußerst fragwürdigen Argumenten, warum es sich denn lohne, seine Medikamente online im Ausland zu bestellen, statt in die Apotheke vor Ort zu gehen.
Natürlich darf da die Preiskeule nicht fehlen: „OnlineApotheken sind oft um 20 bis 30 Prozent billiger als deutsche Apotheken und in der Regel handelt es sich um das gleiche Originalmedikament“, heißt es da – „in der Regel“. Wolle man im Internet ein rezeptpflichtiges Arzneimittel bestellen, müsse man zwar sein Rezept mitschicken. Allerdings könne man auch „bei vielen Anbietern ein Rezept beantragen“, wird der Leser aufgeklärt – eine Versandapotheke, die gleichzeitig Rezepte ausstellt? „Dazu muss man einen Anamnesebogen ausfüllen.“ Doch es kommt noch dicker.
„Ein weiterer Vorteil ist es Medikamente bei unangenehmen Erkrankungen wie Geschlechtskrankheiten oder bei Erektionsstörungen zum Beispiel Viagra oder Cialis online bestellen.“ Rechtschreibung und Grammatik des Satzes wurden erneut nicht angepasst, er steht genau so auf der Seite der Lausitzer Rundschau – einer der größten regionalen Tageszeitungen in Brandenburg und Sachsen mit elf Lokalausgaben und laut IVW einer Reichweite von rund 280.000 Lesern. Das ist wohl bemerkt die Zahl der Leser der Printausgabe, die des Onlineauftritts dürfte einiges höher liegen.
Immerhin, mag man einwenden, wird sogar die Kritik der Präsenzapotheker kurz wiedergegeben – nur, um erneut mit fragwürdigen Argumenten relativiert zu werden. „Die deutschen Apotheker raten zwar davor, Medikamente online zu bestellen da man nicht genügend über Nebenwirkungen und Gegenanzeigen aufgeklärt wird, doch auch die lokalen Apotheken haben im Puncto Aufklärung Nachholbedarf“, heißt es da buchstabengenau. Um das Argument, die Apotheken würden ja auch nicht richtig beraten, zu untermauern, wirft der anonyme Autor eine Zahl in den Ring: 83 Prozent der Apotheken in Nordrhein-Westfalen hätten demnach „im Hinblick auf Information“ mangelhaft abgeschnitten. Woher diese Zahl stammen soll, wird nicht verraten.
Auch dass der Kauf von Rx-Arzneimitteln auf ausländischen Webseiten Gefahren birgt, verschweigt der Artikel nicht. „Auch hier wie bei allen anderen Dingen gibt es schwarze Schafe, die gefälschte oder aus Asien kommende Medikamente verkaufen und das kann durchaus gesundheitsgefährdend sein“, wird pflichtbewusst auf die Risiken hingewiesen. Aber man könne sich schützen, nämlich indem man immer auf der Seite nachschaue, „ob alle Regulierungen gegeben sind“.
Aber selbst der dilettantische Stil und die hanebüchenen Argumente werden beim Blick auf die Wortgruppe „Cialis online bestellen“ nebensächlich. Die ist nämlich mit einem Hyperlink unterlegt: Klickt man darauf, landet man direkt auf der Seite Apomeds, einer deutschsprachigen Online-Apotheke, die ihren Sitz laut Impressum in London hat.
Nicht nur das: Man landet nicht auf der Startseite, sondern direkt beim Kauf von Cialis (Tadalafil, Eli Lilly). Die Seite wirbt nicht nur mit raschem und diskretem Versand, sondern auch damit, dass das Rezept gleich inklusive ist, „ausgestellt von einem EU-lizenzierten Arzt“. Allein im Werbebeitrag zum Rx-Arzneimittel Cialis zu verlinken ist schon ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz.
Dessen ist man sich bei der Lausitzer Rundschau aber offenbar nicht bewusst. Bei einem Anruf in der Redaktion erklärt ein Content Manager der Zeitung, das sehe für ihn aus wie eingebettete Werbung, „auch weil es im Ratgeberbereich erschienen ist“. Den Beitrag auch als Werbung zu kennzeichnen – und vielleicht vor der Veröffentlichung zu redigieren – scheine wohl vergessen worden zu sein. Werbung nicht als solche zu kennzeichnen, sondern den Eindruck zu vermitteln, es handele sich um einen redaktionellen Beitrag, ist ein Verstoß gegen den Pressekodex. Doch der ist zumindest nicht rechtlich bindend. Reinhard Rokitta von der Freien Apothekerschaft wirft der Zeitung vor, der Artikel sei ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz – den er zur Anzeige bringen wolle. Auf den Vorwurf angesprochen, heißt es aus der Redaktion nur: Das werde man „sicherlich auch noch mal überprüfen müssen“.
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