Verschwinden die Ärzte aus ländlichen Regionen, haben es auch die Apotheken schwer. Der Landarztmangel ist nach Ansicht zweier Landräte aus der Eifel eines der drängendsten Probleme auf dem Land. „Es ist eines der Hauptthemen“, sagte der Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm, Joachim Streit (Freie Wähler). Sein Amtskollege aus dem Kreis Vulkaneifel, Heinz-Peter Thiel (parteilos), sagte mit Blick auf die Suche nach Landärzten: „Es ist wirklich eine Sisyphusarbeit.“
In Mainz wollen heute morgen Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler und Wissenschaftsminister Konrad Wolf (beide SPD) die sogenannte Landarzt-Offensive der Landesregierung vorstellen. Dabei wird es unter anderem um eine umstrittene
Landarztquote sowie mehr Medizin-Studienplätze an den Unis gehen.
Landrat Streit erklärte, das Thema treibe ihn schon lange um. Schon im Jahr 2000 habe er sich damit, seinerzeit noch als Bürgermeister von Bitburg, an die Kassenärztliche Vereinigung gewandt. Aber scheinbar sei erst eine gewisse Dramatik nötig, damit ein solches Thema auch in Berlin oder Mainz ankomme.
In den kommenden fünf Jahren höre die Hälfte der Hausärzte altersbedingt auf, bei Fachärzten seien es sogar 70 Prozent. Die könnten längst nicht alle ersetzt werden. Denn heutzutage wollten weniger junge Mediziner das Risiko einer niedergelassenen eigenen Praxis eingehen. Viele strebten nicht in die Selbstständigkeit, legten großen Wert auf eine Work-Life-Balance, also einen ausgewogenen Mix aus Arbeits- und Freizeit.
„Wir gehen davon aus, dass ein Arzt künftig doppelt so viele Patienten betreuen muss“, sagte Streit. Hilfskräfte könnten sie entlasten und bestimmte Arbeiten übernehmen. Solche Kräfte könne sich ein einzelner Arzt oft nicht leisten, wohl aber ein Zusammenschluss von Ärzten wie etwa in Genossenschaften. Erst am Montag hatte die Medicus Eifler Ärzte in Bitburg als erste Ärztegenossenschaft in Rheinland-Pfalz ihre Zulassung erhalten, sie wird nun voraussichtlich am 1. November an den Start gehen. Die Genossenschaft will Mediziner anstellen – und ihnen flexible Arbeitszeiten bieten, um sie als Landarzt anzulocken.
Auch Landrat Thiel setzt vor allem auf Verbundlösungen. „Die wenigsten Mediziner wollen noch niedergelassene Hausärzte werden“, sagte er. Die Last für den einzelnen Arzt dürfe nicht zu groß sein, sonst würden sie nicht dauerhaft bleiben. Fakt sei, dass die bestehende Ärzteschaft überaltert sei. „Wir haben hier Ärzte über 70, die praktizieren weiter, weil sie keinen Nachfolger finden.“ Unter Nachwuchsmedizinern seien überwiegend Frauen, viele davon in der Familiengründungsphase.
Auch Thiel ist überzeugt, dass sich nicht alle in den kommenden Jahren freiwerdenden Arztposten ersetzen lassen werden. „Der einzelne Arzt der Zukunft muss belastbarer sein als der Arzt von heute.“ Damit er dauerhaft in einer Region bleibe, müsse er dort verwurzelt sein. Eine Landarztquote alleine könne das nicht erreichen.
Das Problem sei, dass Medizin an Unis in Städten studiert werde. Die Studenten bauten dann dort ihr soziales Umfeld auf, knüpften dort etwa bei Praktika berufliche Kontakte, sagte Thiel. „Das alles findet prägend im urbanen Bereich statt. Der ländliche Raum ist zwar attraktiv, aber er ist kein akademischer Standort.“ Insofern müssten sich ländliche Regionen aufhübschen, um Nachwuchsmediziner anzulocken. „Es gibt kein Allheilmittel, um an einen Landarzt zu kommen“, sagte Thiel. „Wir fahren teilweise mit dem Handkarren an die Unis und sprechen die Leute aus unseren Regionen an.“
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