Landapotheke mit „bester Lage“ findet Nachfolgerin Laura Schulz, 01.09.2024 07:45 Uhr
Franz-Josef Ruthmann ist glücklich: Er kann seine Apotheke an eine jüngere Apothekerin übergeben. Nachdem er etwa dreieinhalb Jahre unter anderem über Kleinanzeigen eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger suchte, wird die Montigny-Apotheke im nordrhein-westfälischen Kierspe nun zum 1. September eine neue Inhaberin haben. Am Ende half aber nicht die Anzeige, sondern einfache Mundpropaganda.
Astrid Hermes ist durch eine Angestellte auf die womöglich bald führungslose Apotheke aufmerksam gemacht worden. Über die Anzeige konnte sich die Apothekerin dann schon einmal ein erstes Bild vom Angebot machen. Ruthmanns Sohn hatte das Inserat hier vor etwa zwei Jahren veröffentlicht und den Preis mit 230.000 Euro inklusive Warenlager angegeben. Da suchte er bereits seit eineinhalb Jahren eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger.
Die Summe hatte der Sohn unter anderem so ausgesucht, damit nicht alle möglichen Angebote reinflattern, sondern eher ernstgemeinte. Am Ende habe er aber mit allem Drum und Dran etwa 200.000 Euro bekommen, womit er zufrieden sei. Anfragen für die Apotheke habe er mehrere gehabt. Viele Interessenten hätten aber nur Forderungen gestellt. Einige waren zwar seriös, lehnten dann aber aufgrund des Standortes ab.
Sorgen wegen Standort? „Die können nicht weiter rechnen“
„Hier gibt es nicht viel, wir haben eine normale Infrastruktur. Wenn man was Größeres will, dann muss man in die großen Städte schauen“, meint Ruthmann über seine Kleinstadt mit etwa 17.000 Einwohner:innen. Doch auch wenn hier nicht viel los zu sein scheint, sollte man sich davon nicht täuschen lassen. „Die können nicht weiter rechnen“, meint er über diejenigen, die den Wert des Standortes nicht erkennen. „Es gibt hier drei Apotheken, ich habe die in der Mitte mit der besten Lage, mit Parkplätzen. Die Zukunftsaussichten sehen hier gut aus“ erklärt der Noch-Inhaber – auch mit Blick auf die anderen Apotheken, die ebenfalls bald ihre Nachfolge regeln müssen. „Wir sind hier auf dem richtigen Platz“, freut er sich.
Dass er diesen Standort ergattern konnte, ist für ihn ein wenig glückliche Fügung gewesen. Eigentlich hatte er seine Apotheke am Bahnhof eröffnet, doch der wurde geschlossen – der Standortvorteil war damit passé. Doch über seinen Schwiegervater kam er vom alten Bahnhof am Stadtrand an den neuen Standort im Zentrum. „Ich hatte schlagartig das Dreifache an Umsätzen.“
Inzwischen ist gegenüber auch ein Ärztehaus entstanden. „Man hat hier ein ruhiges Apothekenleben. In der Großstadt gibt es nur Konkurrenz, hier vertragen sich alle untereinander. Da kann man geruhsam am Abend nach Hause gehen.“ Für seine Nachfolgerin, der er auch sein Team übergibt, sieht er also durchaus positiv in die Zukunft.
Mit 75 als Vertretungsapotheker auf Achse
Hätte es mit der Nachfolge nicht geklappt, hätte Ruthmann noch etwa acht Jahre weitergemacht, so der Notfallplan. Nun möchte der 75-Jährige Noch-Inhaber stattdessen noch ein bisschen als Vertretungsapotheker unterstützen – sicher wird ihn auch Neu-Inhaberin Hermes mal beauftragen. „Sie hätte mich gerne stundenweise hier“, erzählt Ruthmann. Langeweile komme jedenfalls nicht bei ihm auf.
Was er nicht vermissen wird: die Bürokratie, die etwa die Hälfte der Arbeit ausmache. Seine Vertretungsdienste werde er mit 35 Euro netto pro Stunde anbieten, damit werde er hier auf dem Land gute Karten haben und die Kolleg:innen bestens unterstützen können – viele Vertretungen, gerade in den Städten – seien deutlich teurer.
Jetzt gibt sich der Inhaber ab September aber erst einmal zwei Wochen Zeit für die Abwicklung, danach geht es für vier Wochen an die französische Atlantikküste.
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