Kurort ohne Apotheker

Wer kippt die ApBetrO?

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Berlin -

Bad Ditzenbach ist eine Perle der Schwäbischen Alb – trotzdem hat der kleine Kurort keine Apotheke mehr. Das ist ärgerlich und der Bürgermeister möchte das jetzt ändern. Noch lieber würde er gleich die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) runderneuern. Wer schon immer eine Landapotheke eröffnen wollte: Jetzt oder nie!

Selbst Apotheker verzweifeln manchmal, aber für Branchenfremde ist die ApBetrO ein schwer durchschaubarer Dschungel. Fest steht: Bad Ditzenbach, eine Gemeinde in Baden-Württemberg mit 3667 Einwohnern, braucht einen Apotheker. In dem idyllischen Ort urlauben jedes Jahr rund 12.000 Menschen, die Tourismusanbieter freuen sich über rund 76.000 Übernachtungen.

Apotheke gibt es für die Erholungssuchenden und Einheimischen derzeit allerdings keine. Nachdem im vergangenen Jahr der einzige Betrieb im Ort schloss, sind die Räume der ehemaligen Kur-Apotheke verwaist. Der Apotheker hörte altersbedingt auf. Die nächste Apotheke, die Otto Christin‘sche Apotheke, befindet sich im rund zwei Kilometer entfernten Deggingen. Für die ApBetrO ein klarer Fall: Eine Genehmigung für die Eröffnung einer Rezeptsammelstelle wird nicht erteilt. Das wäre die schnellste Lösung gewesen. Apothekerin Tamara Kuske von der Otto Christin‘schen Apotheke sagt: „Ich wollte eine Rezeptsammelstelle eröffnen, aber sie ist nicht genehmigungsfähig.“

Das bestätigt Stefan Möbius von der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg: „Aufgrund der geringen Entfernung zur nächsten Apotheke ist die Einrichtung einer Rezeptsammelstelle nicht möglich.“ Bei einer Entfernung unter vier Kilometern könne man keine Genehmigung erteilen. „Bei vier bis sechs Kilometern gibt es einen Spielraum, da betrachten wir den Einzelfall. Wichtig ist dann zum Beispiel, wie oft öffentliche Verkehrsmittel verkehren.“ Ist die nächste Apotheke also auch ohne Auto gut erreichbar, sinkt die Chance auf eine Genehmigung.

Bad Ditzenbachs Bürgermeister findet das nicht in Ordnung: „Jeder normale Handeltreibende muss sich dem freien Wettbewerb stellen. Warum wird die Apotheke geschützt? Wie soll ein Reha-Patient in die Apotheke im Nachbarort kommen? Wir haben zwar gute Busverbindungen, aber wer fährt schon mit dem Bus einen Ort weiter, um Medikamente zu holen?“ Die ApBetrO erscheint ihm seltsam: „Warum braucht man diese 6-Kilometer-Regelung?“ Er ist überzeugt: „Eine gute Apotheke hält sich, sie muss sich eben dem normalen Wettbewerb stellen. Ich würde es begrüßen, wenn eine Rezeptsammelstelle genehmigt würde.“

Noch besser wäre natürlich ein Apotheker, der sein Glück in Bad Ditzenbach versuchen möchte. Juhn macht potentiellen Interessenten Mut: „Es ist natürlich ein Risiko, sich selbstständig zu machen. Aber der ehemalige Apotheker arbeitete jahrzehntelang sehr erfolgreich, er belieferte auch die Reha-Klinik. Vielleicht gibt es einen Newcomer, der einsteigen möchte.“ Auf den oder die Neue wartet eine rund 150 Quadratmeter große Apotheke. „Mobiliar ist vorhanden, man muss nur reingehen und eröffnen“, wirbt Juhn. Die Einrichtung ist original aus den 1970er-Jahren. Der Mietpreis ist Verhandlungssache und liegt zwischen 3 bis 5 Euro pro Quadratmeter. Während andere Gemeinden in Deutschland, die händeringend nach einem Pharmazeuten suchen, mittlerweile finanzielle Starthilfe gewähren, muss der künftige Bad Ditzenbacher Apotheker selbst Geld mitbringen: „Wir können leider keine finanzielle Unterstützung gewähren.“

Für seinen Ort rührt Juhn professionell die Werbetrommel: „Wir haben ein Thermalbad, schöne Wander- und Radwege, eine Burgruine. Und sogar eine weltbekannte Firma vor Ort: Das 1903 gegründete Kräuterhaus Sanct Bernhard stellt Naturheilmittel und Kosmetik her und beliefert Kunden in aller Welt.“

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