Abrechnungsbetrug

Hildegard/Franziska prellt 111 Kassen

, Uhr
Heilbronn -

Mit einem ausgeklügelten System soll eine Hebamme über Jahre hinweg

mehr als 100 Krankenkassen um fast eine halbe Million Euro betrogen

haben. Vor dem Landgericht Heilbronn räumte die 59-Jährige den

gewerbsmäßigen Betrug zwar ein, sie sei aber ein Opfer ihrer

„persönlichen und wirtschaftlichen Entwicklung“ gewesen.

Sie habe viel Pech gehabt, immer mehr Schulden angehäuft, sei auf falsche Finanzberater hereingefallen und habe bei Spekulationen viel Geld verloren. Die Idee für das Betrugssystem sei von einem Bekannten gekommen. Der nahm sich das Leben, als die Sache Anfang 2014 aufflog.

Beschwerden von Wöchnerinnen über mangelhafte Betreuung ließen das lukrative System auffliegen. Über die Beschwerdestelle für Hebammen beim Landratsamt Heilbronn wurde das Regierungspräsidium Tübingen aufmerksam. Es fiel auf, dass in Ittlingen zwei Hebammen an derselben Adresse und mit selbem Nachnamen geführt wurden.

Seit 2003 soll sich die Hebamme durch Abrechnung teils erbrachter, überwiegend aber wohl vorgegaukelter Leistungen „eine erhebliche Einnahmequelle“ erschlossen haben, heißt es. Erst erfand sie eine Hebamme namens Hildegard – diese Fälle sind aber verjährt – und später auch noch die Hebamme Franziska. Zunächst seien diese falschen Identitäten nur dazu dagewesen, Steuern zu sparen, beteuert die 59-Jährige. Von 2009 an habe sie dann mit den Kassen auch Leistungen abgerechnet, die niemals erbracht worden seien.

Die Staatsanwältin glaubt ihr das nicht: Es sei davon auszugehen, dass die Frau schon ab 2003 betrogen hat. Die 59-Jährige sei „extrem planvoll“ vorgegangen. Aus „reiner Gier“ habe sie falsche Identitäten erschaffen, Urkunden und Rechnungen gefälscht, doppelt abgerechnet und Wöchnerinnen getäuscht.

Die Taten vor 2009 sind verjährt, der Schaden damals wird laut Staatsanwältin aber auf weitere 700.000 Euro geschätzt. Sie forderte eine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Die Verteidigerin plädierte auf eine Bewährungsstrafe. Das Urteil wird am 2. März gefällt.

Die Staatsanwaltschaft bündelte die Betrügereien auf 111 Vergehen, die verschiedenen Kassen zugeordnet wurden. Liste man alle falschen Abrechnungen oder gefälschten Unterschriften auf, komme man auf 1600 Einzeltaten allein in den vergangenen fünf Jahren. Mit den verjährten Taten könnte der Gesamtschaft auch im Millionenbereich liegen.

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