Der Augsburger Laborarzt Dr. Bernd Schottdorf und seine Ex-Ehefrau sind vom Vorwurf des millionenschweren Abrechnungsbetrugs freigesprochen worden. Das Augsburger Landgericht folgte in seinem Urteil den Anträgen der Verteidiger des 75 Jahre alten Mediziners und der Anwälte der 61-jährigen Gabriele Schottdorf, die als Geschäftsführerin eines Labor-Dienstleistungsunternehmens mitangeklagt war. Die Staatsanwaltschaft hatte für die beiden Angeklagten jeweils viereinhalb Jahre Gefängnis und eine Geldbuße von 15,8 Millionen Euro verlangt.
Die Richter folgten mit dem Urteil vollständig den Anträgen der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Plädoyer für beide jeweils viereinhalb Jahre Haft verlangt. Die Vorsitzende Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser warf der Staatsanwältin eine „verkürzte und selektive Würdigung“ der Beweisaufnahme des mehr als vier Monate dauernden Prozesses vor. In 22 Verhandlungstagen hätten sich bei der Vernehmung von 30 Zeugen und 2 Sachverständigen sowie bei der Prüfung von „unzähligen“ Dokumenten keine Belege für ein strafbares Handeln ergeben.
Den Schottdorfs wurde vorgeworfen, ein bundesweites Netz mit scheinselbstständigen Labors betrieben haben, um gesetzlich vorgeschriebene Rabatte für Großlabors zu umgehen. Die Staatsanwaltschaft war der Ansicht, dass die damaligen Eheleute zwischen 2004 uns 2007 bei Laboruntersuchungen für Kassenpatienten mehr als 12,8 Millionen Euro zuviel abgerechnet haben. Nach Ansicht des Gerichts konnten in dem mehr als vier Monate dauernden Prozess die Vorwürfe nicht bewiesen werden.
Das Schottdorf-Imperium gilt als einer der größten Anbieter von Labor-Dienstleistungen in Europa. Mit Vorwürfen gegen ihn und andere Mediziner beschäftigt sich derzeit auch ein Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags. Dabei geht es aber um andere Abrechnungsfälle als in dem Strafverfahren.
Aus einem kleinen regionalen Medizinlabor formte Schottdorf in Augsburg einen Branchenriesen, der als einer der größten Anbieter im Laborbereich in Europa gilt. Seine Ex-Ehefrau fungiert als Geschäftsführerin von zwei Unternehmen, die bundesweit nach eigenen Angaben derzeit mehr als 1500 Mitarbeiter beschäftigen.
Seit Jahrzehnten gerät Schottdorf immer wieder wegen angeblichen Betrugs in Millionenhöhe ins Visier der Staatsanwaltschaft, doch handfeste Ergebnisse konnten die Ermittler bislang nicht vorweisen. Im Gegenteil: Ein großer Prozess endete im Jahr 2000 mit einem Freispruch. Die Staatsanwaltschaft legte zwar Rechtsmittel ein, doch kurz vor der Verhandlung beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zogen die Ankläger ihre Revision zurück. Der Freispruch in einem der größten Betrugsprozesse im deutschen Gesundheitswesen bis dahin wurde rechtskräftig.
Mit vielen Kollegen ist Schottdorf in Feindschaft verbunden. Schon 1987 hatte sich der Berufsverband der Laborärzte nach einer Polizei-Razzia bei Schottdorf von dem Augsburger Mediziner distanziert und Schottdorf vorgeworfen, dessen Aktivitäten seien unvereinbar mit dem Berufsbild des Arztes und den Obliegenheiten eines Kassenarztes. Bernd Schottdorf hatte zuvor erklärt, die damaligen Betrugsermittlungen gegen ihn seien vermutlich ein „Racheakt“ der Branche und von Ärztefunktionären, die um ihre „Pfründe“ fürchteten.
Schottdorf ist auch Geschäftsführer des bayerischen Unternehmens Medical Structures, zu der auch Volkspharma gehörte. Die Versandapotheke ging 2012 pleite. Unter der Marke wurden auch Generika hergestellt. Außerdem gehörte ein Großhändler zur Gruppe.
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