Für Apothekerin Dr. Mareike Kunkel stand schon nach der Famulatur fest: Sie will in einer Klinikapotheke arbeiten. Seit kurzem leitet sie die Krankenhausapotheke der Uniklinik Würzburg – und ist mit 35 Jahren wahrscheinlich jüngste Chefapothekerin einer deutschen Uniklinikapotheke.
Erste Erfahrung im Krankenhausbereich sammelte sie in Aschaffenburg, denn in der Apotheke der Klinik absolvierte sie den zweiten Teil ihrer Famulatur. „Es war zwar nur eine kleine Apotheke, aber mich hat die Vielseitigkeit der Aufgaben fasziniert“, berichtet Kunkel. Sie habe die Zyto-Herstellung kennengelernt, Verhandlungen mit Herstellern erlebt und durfte mit auf Station gehen. Dieses volle Programm stand im Kontrast zu ihren Famulaturwochen in einer kleinen Landapotheke: „Da war gerade Sommerflaute und für mich gab es wenig zu tun – ich habe Medizini-Hefte gestempelt.“
Auch eine Hälfte ihres Praktischen Jahrs (PJ) verbrachte sie in einer Krankenhausapotheke, dieses Mal ging es nach Wiesbaden. Als sie nach der Approbation erfuhr, dass an der Klinikapotheke Mainz eine Promotionsstelle mit gleichzeitiger Weiterbildung zum Fachapotheker für Klinische Pharmazie und für Arzneimittelinformation angeboten wurde, bewarb sie sich: „Das war genau, wonach ich gesucht hatte.“ Ein weiterer Pluspunkt: Neben der Promotion konnte sie bereits in der Krankenhausapotheke mitarbeiten und wieder mit auf Station gehen.
Deswegen hat Kunkel mit ihrer Promotion zum Thema „Einfluss einer klinisch-pharmazeutischen Betreuung auf klinische, soziale und ökonomische Ergebnisse bei elektiven herzchirurgischen Patienten“ auch „ein wenig länger“ gebraucht. Das habe sich aber letztlich ausgezahlt: Ihre Forschungsarbeit erhielt einen Preis des Bundesverbands Deutscher Klinikapotheker (ADKA). Betreut wurde sie von Professor Dr. Irene Krämer, Chefapothekerin der Uniklinik Mainz.
Kunkel hatte im Rahmen ihrer Doktorarbeit unter anderem den Patienten anhand eines selbstgestalteten Medikationsplans mit Bildern ihre Arzneimitteltherapie erklärt. Das sei gerade bei der etwas älteren Patientengruppe wichtig, damit sie die Umstellung ihrer Medikation von der öffentlichen auf die der Krankenhausapotheke verstehen. „Die Medikamente sollen schließlich nicht in der Schublade landen“, sagt Kunkel. Sie konnte außerdem messen, dass ein Apotheker im Behandlungsteam die Dauer von Problemen mit Arzneimitteln auf Station deutlich verkürzen konnte.
Insgesamt blieb Kunkel zehn Jahre in der Klinikapotheke Mainz. Sie verantwortete dort die Arzneimittelausgabe und begleitete den Einbau des größten Rowa in einem deutschen Krankenhaus. „Als das Projekt abgeschlossen war, merkte ich, dass ich neue Herausforderungen brauchte“, sagt sie.
Krämer, ihre damalige Chefin, unterstützte diesen Wunsch: Sie wies Kunkel darauf hin, dass der Leiter der Klinikapotheke Würzburg in Ruhestand gehen wolle. „Das war für mich der Jackpot: Leiterin einer Uniklinikapotheke in der Nähe meiner Heimat“, sagt Kunkel. Im März trat sie die Stelle an.
Mit dem ehemaligen Chefapotheker Dr. Johann Schurz hatte sie keine Überschneidungen, weil dieser bereits im Dezember 2015 in Pension ging. „Das war zwar schade, weil so die Einarbeitung fehlte – aber ich kann ihn jederzeit anrufen, wenn ich Fragen habe“, sagt Kunkel.
Ihr ist zudem wichtig, einen eigenen Weg zu finden und neue Denkanstöße einzubringen: So geht sie mit auf interdisziplinäre Visiten auf den Intensivstationen, was es zuvor in Würzburg nur auf vereinzelten Stationen gegeben hatte. „Klinikapotheker sollten mehr sein als Arzneimittellieferanten – weil Apotheker viel mehr können“, so Kunkel.
Sie führt nun ein Team von 60 Mitarbeitern, darunter 13 Apotheker. Im Vergleich zu ihrer Arbeit in Mainz trägt sie mehr Verantwortung, führt etwa die Einkaufsverhandlungen, begleitet die Anbindung der Apotheke an eine elektronische Verschreibungssoftware. Trotz ihrer nur 35 Jahre als Chefin wahrgenommen zu werden, sei bislang kein Problem gewesen: „Das Alter ist weniger entscheidend als das Auftreten. Wichtig ist, dass man weiß, was man erreichen möchte und dafür gute Argumente liefert.“
Die Krankenhausapotheke des Universitätsklinikums Würzburg ist an der Ausbildung von Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) und am Unterricht an den Berufsfachschulen beteiligt. Sie ist von der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) als Weiterbildungsstätte zum Fachapotheker für Klinische Pharmazie und seit 2007 auch als Weiterbildungsstätte zum Fachapotheker für Arzneimittelinformation anerkannt. Seit 2003 ist die Apotheke eine regionale Arzneimittelinformationsstelle der BLAK.
Laut Statistiken der ABDA ist die Zahl der Krankenhausapotheken in den vergangenen drei Jahren leicht zurückgegangen. 2013 gab es 400, ein Jahr später noch 398, 2015 schließlich nur noch 390 Krankenhausapotheken. Zugleich nahm aber die Anzahl der Klinikapotheker zu: 2013 arbeiteten noch 2143 Apotheker im Krankenhaus, 2014 schon 2183 und im vergangenen Jahr 2212 Klinikapotheker. Zum Vergleich: In öffentlichen Apotheken stieg die Beschäftigtenanzahl von 49.288 im Jahr 2013 auf 50.356 Apotheker im vergangenen Jahr.
Der Frauenanteil liegt unter den Krankenhausapothekern bei 68,5 Prozent – und damit leicht unter dem Durchschnitt von 69,3 Prozent. Krankenhausapotheker sind jünger als der Durchschnittsapotheker: Sie sind 43 Jahre alt, während Apotheker über alle Branchen hinweg 46,2 Jahre alt sind. Gerade Klinikapothekerinnen sind jung – ihr Alter liegt durchschnittlich bei 40,5 Jahren. Männliche Inhaber einer öffentlichen Apotheke sind fast 13 Jahre älter; sie kommen im Mittel auf 53 Jahre.
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