Wissenschaft

Krank im Urlaub: Leisure Sickness vermeiden dpa, 24.05.2017 12:18 Uhr

Endlich frei, und ausgerechnet dann wird man krank - so ergeht es einigen zum Start ihres Sommerurlaubs. Fachleute kennen das Phänomen. Leisure Sickness heißt es. Foto: Elke Hinkelbein
Wangen - 

Endlich beginnt der Urlaub, und dann das: Kopfschmerzen, Halsweh, Schnupfnase. Manche Menschen scheint die Entspannung stets krank werden zu lassen. Niederländische Forscher haben dem Phänomen einen Namen gegeben: Leisure Sickness. Das lässt sich mit „Freizeitkrankheit“ übersetzen.

Psychologe Roland Raible kennt das Phänomen, dass Menschen pünktlich mit Ferienstart krank werden: „Die Leute machen sich, wenn sie entspannen, gewissermaßen frei für Krankheiten“, sagt der Experte aus Wangen (Baden-Württemberg). Auch wenn es kein bewusster Prozess sei, den ein Mensch steuern könnte.

Anfällig sind vor allem Menschen, die auf der Arbeit unter großer Anspannung stehen. Sie versuchen, durchzuhalten und diese Belastung auszuhalten. „Das bringt den Organismus dazu, dass er seine Reserven bereitstellt“, erklärt Raible. Fällt die Belastung weg, müsse sich der Organismus nicht mehr anstrengen. Der Körper ist dann anfälliger, die Widerstandskraft schwächer. Das kann sich mental, aber auch körperlich auswirken.

Viele schuften bis zu ihrem Urlaub an der Belastungsgrenze. Dabei sorgen Stresshormone dafür, dass der Körper funktioniert, sagt Professor Dr. Thomas Löscher aus München. Fällt der Stress von einem ab, werden die Hormone nicht mehr ausgeschüttet. „Dann kann man in ein Loch fallen“, sagt der Experte für Infektionskrankheiten. Folgen können Müdigkeit, Kopf- oder Muskelschmerzen sein. „Stresswegfall-Reaktionen“ nennt Löscher diese. Auch Infektionen sind möglich. Häufig seien das eher harmlose Erkältungen, die einige Tage dauern.

Die niederländischen Wissenschaftler von der Universität Tilburg sahen in einer Studie Risikofaktoren für Leisure Sickness in hoher Arbeitsbelastung und gewissen Merkmalen der Persönlichkeit. Sie nannten etwa ein hohes Leistungsbedürfnis und Schwierigkeiten, in der Freizeit abzuschalten.

Auch Raible hält die Kombination aus beruflicher Beanspruchung und persönlichen Eigenschaften für die Ursache des Übels. Vorbeugend rät er, regelmäßig Pausen bei der Arbeit einzulegen und nicht stundenlang am Stück durchzuarbeiten. Im Job sollte man zudem lernen, Belastungen zu erkennen und bewusst zu entspannen. „Zurücklehnen, einen Kaffee trinken und die Arbeit kurz liegen lassen“, sagt der Psychologe.

Wer verreist, sollte sich davor Zeit geben, langsam zur Ruhe zu kommen. Starker Stress bis unmittelbar vor einer langen Autofahrt oder einem Flug sei nicht gut für den Körper, sagt Löscher. „Lieber fährt man erst ein, zwei Tage nach Urlaubsbeginn weg.“ In den Ferien rät der Professor, ein wenig Sport zu treiben. So könne man den Fall in ein hormonelles Loch verhindern.

Ein weiterer Tipp von Raible: Vom geplanten Urlaub nicht zu viel erwarten. „Viele konzentrieren ihre Hoffnung auf Entspannung auf diesen Zeitraum.“ Doch der Schuss könne nach hinten losgehen: Wenn der Urlaub die gesamte Maloche der Monate zuvor kompensieren soll, sei eine Enttäuschung nahezu vorprogrammiert. Das belaste den Urlaub. Stattdessen sollte man auch im normalen Alltag entspannen und Dinge machen, die einem Spaß machen. So geht man die Ferien mit weniger Druck an. Und bleibt im Idealfall die ganze Zeit gesund.